- Die Eurogruppe und Griechenland sind kurz davor neue Verhandlungen aufzunehmen. Alexis Tsipras geht das Geld aus. Die nächste Eskalationsstufe der Krise wäre die Einführung einer Parallelwährung (Geuro). Der Liveticker zur Eurokrise und der EUR/CHF-Reaktion wird unterbrochen.
Sonntag, den 5. Juli 2015:
- Erste Wechselkurse sehen den Euro bei 1,0315 Franken - nach 1,0450 Franken am Freitag. Der Euro-Dollar-Kurs bricht von 1,1110 auf 1,0970 ein.
- Alexis Tsipras hat es geschafft! Etwa 60 Prozent der Griechen sagen Nein zu den Reformauflagen. Mit einer so großen Zustimmung hatte kaum jemand gerechnet. Die Finanzmärkte waren von einem Ja ausgegangen, wie ein Journalist des Wall Street Journals in der BBC sagt. Was nun kommt, weiß niemand. Die griechischen Banken haben kaum noch Geld. Verhandlungen über ein weiteres Hilfspaket, die der Europäischen Zentralbank (EZB) erlauben würden Notkredite zur Verfügung zu stellen, sind nicht in Sicht.
- Der Euro geht mit 1,0450 Franken in die Volksabstimmung (Schlusskurs Freitag). Bei einem Ja zu den Reformauflagen wird in dem um 23:00 Uhr MESZ startenden asiatischen Handel mit einem Sprung über 1,05 gerechnet. Bei einem Nein droht ein Absturz auf 1,03. Anschließend dürfte die Filiale der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Singapur den Euro stützen.
- Die griechische Volksabstimmung über die Reformauflagen der Geldgeber ist im Gang. Die Wahllokale sind bis 18:00 Uhr MESZ geöffnet. Erste Hochrechnung werden eine Stunde später erwartet.
Freitag, den 3. Juli 2015:
- Der Euro sinkt im nervösen Freitagshandel auf 1,0450 Franken nach 1,0525 Franken am Vortag.
- "Tsipras ist unberechenbar und manipuliert die Menschen in Griechenland, das hat fast demagogische Züge", sagt Martin Schulz, Präsident des Europaparlamentes dem "Handelsblatt". Das Volk solle ihm die rote Karte zeigen und mit Ja stimmen.
- Brüssel: EU-Kommissionschef Juncker sagt, dass er mit Griechenland sehr nahe an einer Einigung gewesen sei. Am Ende hätten die Verhandlungspositionen nur um 60 Millionen Euro auseinander gelegen. Doch habe Tsipras die Verhandlungen dann aus ideologischen Gründen platzen lassen.
- Euro steigt auf 1,0525 Franken, nachdem Griechenlands Finanzminister Varoufakis bei einem Ja zu den Reformauflagen seinen Rücktritt ankündigt.
- In Griechenland zeichnet sich ein Stimmungswechsel zugunsten der Geldgeber ab. Einer Befragung der Zeitung "Eleftheros Typos" zufolge sprechen sich inzwischen 47,1 Prozent der Bürger für die Reformauflagen aus. 43,2 Prozent sind dagegen. Finanzminister Varoufakis schließt einen Rücktritt seiner Regierung nicht aus.
- Euro klettert auf 1,0493 Franken nach 1,0318 Franken zu Beginn der Handelswoche, die geprägt ist von der Griechenland-Krise.
- Um eine vernünftige Diskussion zu ermöglichen, müsse ein Referendum mindestens zwei Wochen im voraus angekündigt werden, sagt der Generalsekretär des über die Menschenrechte wachenden Europarates, Thorbjorn Jagland, der Nachrichtenagentur Associated Press. Auch genüge das griechische Referendum nicht den Anforderungen, weil die Fragestellung unpräzise sei.
- Der Eurokurs klettert in Anbetracht der Aussicht auf ein Einlenken der griechischen Regierung auf 1,0470 Franken. Sprung über 1,05 erwartet bei einer Absage des Referendums.
- Alexis Tsipras wolle alle Bedingungen und Reformauflagen der Geldgeber akzeptieren, meldet die Financial Times.
- Athen: Griechenlands Bevölkerung will trotz Bankenschließung und Bargeldknappheit gegen die Reformauflagen der Geldgeber stimmen. 54 Prozent wollen am Sonntag mit Nein stimmen, 33 Prozent mit Ja. Dies zeigt eine zwischen dem 28. und 30. Juni durchgeführte Umfrage, die in der Zeitung Efimerida ton Syntakton veröffentlicht wurde.
- Athen: Läge ein gutes Hilfspaket auf dem Tisch, würde man erwägen die Volksabstimmung über die Sparauflagen abzusagen, sagen zwei Regierungsmitglieder. Man könne beim Referendum etwas anderes entscheiden, erklärt Vize-Ministerpräsident Yannis Dragasakis im griechischen Fernsehen.
- Athen: Die griechische Regierung beantragt wenige Stunden vor dem Auslaufen des "alten" Hilfsprogramms neue Finanzhilfen beim ESM-Rettungsschirm. Ob die Geldgeber den alten Rettungsschirm einklappen und dafür einen neuen aufspannen, darüber beraten die Euro-Finanzminister in einer Telefonkonferenz.
- Athen: Die griechische Regierung hat den letzten Versuch einer Einigung mit ihren Geldgebern vertan. Damit endet das Hilfsprogramm am 30. Juni 2015 um Mitternacht. Darüber hinaus wird Griechenland am 1. Juli 2015 gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als erstes Industrieland überhaupt zahlungsunfähig. Tsipras bekräftigt sein Nein bei der Volksabstimmung über die Reformauflagen. Für eine Last-Minute-Einigung hätte er sein Nein durch ein Ja ersetzen müssen.
- Der Eurokurs stabilisiert bei 1,04 Schweizer Franken, nachdem Brüssel einen Vermittlungsversuch in letzter Minute startet.
- Brüssel/Athen: EU-Boss Juncker hat Tsipras ein letztes Angebot unterbreitet. Demnach müsste der Griechen-Premier die Reformauflagen akzeptieren und sich zu ihnen schriftlich verpflichten. Unter diesen Bedingungen könnten die Euro-Finanzminister das Hilfsprogramm mit einer Erklärung verlängern. Junckers Vorschlag werde ernsthaft in Athen geprüft, berichtet die griechische Zeitung Kathimerini.
- Frankfurt: Der Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) Benoit Coeure, ein enger Vertrauter von Notenbankchef Mario Draghi, sagt, dass man einen Grexit nicht länger ausschließen könne. Beobachter sprechen von einer wichtigen Änderung: Das bisherige Mantra der EZB eines Euroraums, in dem die Mitgliedschaft unwiderrufbar ist, gelte nicht länger. Auch Draghis berühmte Whatever-it-Takes-Botschaft, die auf einer Unumkehrbarkeit der Gemeinschaftswährung beruht, gelte nicht mehr zu 100 Prozent.
- Ministerpräsident Tsipras TV-Interview: Er werde das Ergebnis der Volksabstimmung akzeptieren. Sollte das griechische Volk für die Reformauflagen stimmen, werden er und seine Anhänger nicht diejenigen sein, die die Auflagen ausführen.
Die Abstimmung sei ein Instrument der Verhandlungsführung der griechischen Regierung. Wenige Stunden nach dem Volksentscheid werden die Banken wieder geöffnet. Zahlung der beim IWF fälligen Kreditrate nur bei einer Vereinbarung mit den Gläubigern. - Athen: Alexis Tsipras wird heute um 22 Uhr ein Live-Interview im griechischen Fernsehen geben. Wenn der Griechen-Premier erneut auf die Pauke haut, könnte es eng werden für den Euro-Franken-Kurs. Das SNB-Doping klingt ab. 1 Euro ist nur noch 1,0355 Franken wert - nach 1,0440 Franken am Vormittag.
- EU-Kommissionspräsident Juncker: "Ich wende mich an die griechische Bevölkerung und bitte sie mit Ja abzustimmen. Wenn Griechenland mit Nein abstimmt, sagt Griechenland Nein zu Europa." Er fühle sich von der griechischen Regierung verraten.
- Der Euro-Franken-Kurs steigt dank Interventionen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auf 1,0440. Die SNB sei "zur Marktstabilisierung am Markt aufgetreten", gibt SNB-Chef Thomas Jordan zu.
- Präsident Hollande: Frankreich ist für den Verbleib Griechenlands im Euroraum. Sollten sich die Griechinnen und Griechen bei der Volksabstimmung jedoch gegen Reformen aussprechen, würde das wahrscheinlich zu einem Grexit führen.
- Auch für die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird es eine schwere Woche: Der Euro notiert in Fernost bei 1,0260 Franken. Lässt die SNB Kurse von 1:1 zu, oder versucht sie durch Euro-Stützungskäufe den EUR/CHF über 1,03 zu stabilisieren?
- Athen: Griechische Banken bleiben am Montag und voraussichtlich für den Rest der Woche geschlossen. Zudem sollen Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden, kündigt Ministerpräsident Alexis Tsipras in einer Fernsehansprache an. An den Geldautomaten sollen maximal 100 Euro pro Tag abgehoben werden können.
- Frankfurt: Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt die Nothilfen für griechische Banken fort. Es bleibt bei dem vom Freitag gewährten Kreditrahmen von 90 Milliarden Euro.
- Finanzminister Schelling: "Jetzt scheint der Grexit fast schon unausweichlich."
- Frankreich-Premier Valls: Die EZB könne nicht die Lebensader für die Griechen kappen. Die EZB werde wohl die griechischen Banken nicht fallenlassen
- Berlin: Deutschlands Vizekanzler Gabriel sagt Israel-Reise wegen Griechenland-Krise ab.
Samstag, 27. Juni 2015
- Athen: Griechisches Parlament gibt in einer bis in Morgenstunden des Sonntags reichenden Debatte grünes Licht für den Volksentscheid.
- Eurogruppen-Chef Dijsselbloem: Volksentscheid schließt Tür für weitere Gespräche.
- Brüssel: Euro-Finanzminister lehnen Verlängerung für griechisches Hilfsprogramm ab. Vorbereitungsmaßnahmen für einen griechischen Staatsbankrott (Plan B) laufen an.
- Finanzminister Schäuble: Haben keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen.
Freitag, 26. Juni 2015
- Tsipras: Volksabstimmung in Griechenland am 5. Juli über Reformliste (und Euro-Verbleib).
- Euro sinkt auf 4-Wochentief bei 1,0396 Franken
- Kanzlerin Merkel: "Institutionen haben Griechenland ein außerordentlich großzügiges Angebot gemacht."
- Finanzminister Varoufakis: "Die von den Geldgebern geforderten Rentenkürzungen sind absurd."
- Kanzlerin Merkel zum Schuldenstreit: "An manchen Stellen hat man den Eindruck, dass wir sogar ein bisschen zurückfallen."
Quellen: Die Presse, iTELE, Les Echo