Bei den Devisenexperten der Banken ist man in Aufruhr. Nachdem viele Geldhäuser während der Gültigkeit des Mindestkurses jahrelang ihre Prognosen für den Euro-Franken-Kurs zu hoch angesetzt hatten, ist man dieses Mal zu tief. Ein Beispiel: Vor zwei Wochen sah die Commerzbank den Eurokurs bis Ende 2015 auf 1,00 Franken abstürzen. Diese Vorhersage hat man nun kurzerhand auf 1,07 nach oben gesetzt.
Eine der wenigen Banken, deren Prognosen zuverlässig sind, sieht das Ende der Fahnenstange für den Euro bei 1,10 Franken erreicht. Diese Kursmeinung deckt sich mit der Einschätzung des Währungsexperten Roland Mestel vom Institut für Banken und Versicherung an der Uni Graz. Er sagt im ORF: Ein realistisches Szenario sei, "dass kurz- und mittelfristig der Wechselkurs in etwa auf dem Niveau bleiben wird, das wir in den letzten Wochen gesehen haben. 1,05 bis 1,08 - vielleicht sogar 1,10."
Man sollte aber auch ein Überschießen des Euros auf 1,15 Franken auf dem Zettel haben. Die Devisenmärkte sind für solche Kurskapriolen bekannt. Damit dies möglich wird, müsste Folgendes zusammenkommen:
- Die Schweizer Wirtschaft kühlt sich stärker ab, als es momentan den Anschein hat.
- Für den Euroraum werden neue Wachstumsimpulse freigesetzt, beispielsweise durch das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran und/oder Russland.
- Ein Ölpreisanstieg hebt die Inflation, was die Europäische Zentralbank (EZB) dazu veranlasst von einer Ausweitung ihrer Käufe von Staatsanleihen abzusehen.
- Die US-Notenbank erhöht die Zinsen. Daraufhin steigt der Dollar-Franken-Kurs über 1,00. Der Anstieg färbt auf den Euro-Franken-Kurs ab.
- Der Eurokurs durchbricht die obere Linie des Trendkanals bei 1,12 Franken. Dadurch wird aus einer wellenförmigen Aufwärtsbewegung eine parabelförmige, die den Euro binnen weniger Tage auf 1,15 Franken hochschiessen lässt.