Mario Draghi ist kein Abwarter und Teetrinker. Der Italiener greift in die Gruselkiste. Wachstum und Inflation im Euroraum sind auf dem absteigenden Ast. Alles was der Europäischen Zentralbank (EZB) dazu einfällt, ist eine noch engere Umarmung der Notenpresse. Die von den Euroländern bei der EZB geführten Schattenhaushalte könnten schon bald von einem europäischen Finanzminister verwaltet werden. Geht der Masterplan der EZB auf?
Der Eurokurs purzelt von 1,09 Franken auf 1,08 Franken. Den Rückgang führen Marktbeobachter auf die erste von vielen neuen Lockerungsübungen des Mario Draghi zurück. Statt bisher maximal 25 Prozent, kann die EZB künftig bis zu 33 Prozent der ausstehenden Staatsanleihen eines Eurolandes kaufen. Hat Draghi einmal mit seiner scheibchenweise Lockerungspolitik begonnen, dann hört er damit nicht so schnell auf, wie man zwischen Mai 2014 und März 2015 beobachten konnte.
"In jüngerer Zeit sind erneut Abwärtsrisiken für den Wachstums- und Inflationsausblick entstanden", sagt Draghi. "Wir haben den Willen und die Fähigkeit zu reagieren, falls dies notwendig ist." Damit deutet der oberste Währungshüter eine Verlängerung des Kaufprogramms von Staatsanleihen an. Eigentlich sollte im September 2016 mit den Käufen, die die Inflation anheizen und den angenehmen Nebeneffekt haben eine massive Staatsfinanzierung über die Notenpresse zu sein, Schluss sein.
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Daraus dürfte nichts werden, weil die Inflation noch lange unter der angepeilten Zweiprozentmarke liegt. Die volkswirtschaftliche Abteilung der EZB senkt ihre Teuerunsprognose für 2016 von 1,5 Prozent auf 1,1 Prozent. Das Wachstum im Euroraum werde im nächsten Jahr nicht wie im Juni noch prognostiziert bei 1,9 Prozent, sondern bei 1,7 Prozent liegen. Die aktuellen Entwicklungen in China und anderen Schwellenländern hätten das Potenzial das globale Wachstum zu bremsen, so die Einschätzung der EZB.
Weil die EZB durch den Ankauf von Staatsanleihen ihre Unabhängigkeit verliert, versucht man Verantwortung abzugeben. Draghi ließ über sein Direktoriumskollegen Benoit Coeure wissen, dass er ein Finanzministerium für den Euroraum mit eigenem Etat unterstütze. Das sei ein interessanter Schachzug, sagen EZB-Beobachter.
Ein solcher Finanzminister wäre für die EZB, die nach Einschätzung vieler Volkswirte eine aktive Haushaltspolitik betreibt, indem sie die Zinsen durch den Ankauf von Staatsanleihen für Länder wie Italien und Spanien massiv senkt, ein Blitzableiter. Es könnte darauf hinauslaufen, dass die Schulden der Euroländer bei der EZB auf den neuen Finanzminister umgewidmet werden. Draghi würde seiner Haushaltspolitik im Nachhinein einen demokratischen Anstrich geben.
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EZB-Masterplan: Notenpresse finanziert Schattenhaushalte
04.09.15
11:50