Weil die Arbeitslosenrate im Euroraum auf den tiefsten Stand seit mehr als drei Jahren sinkt, wittert der Euro-Franken-Kurs Morgenluft. Das Devisenpaar klettert auf 1,0870. Seit neuestem verbessern sich nicht nur die Konjunkturdaten im Euroraum, sondern auch in der Schweiz. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) bringt das paradoxerweise in Bedrängnis. Sie bereitet den nächsten Paukenschlag vor.
Die Europäische Zentralbank (EZB) atmet auf. Der jüngste Rückgang der Arbeitslosenrate um 0,2 auf 10,9 Prozent kann sie als ihren Erfolg verkaufen. Dass so wenig Menschen ohne Arbeit sind wie zuletzt im Februar 2012, ist auf die gesteigerte Kreditvergabe zurückzuführen. Die EZB pumpt mit ihren Käufen von Staatsanleihen massenhaft Geld in die Wirtschaft.
Notenbankchef Mario Draghi ist immer noch sehr weit von einer Erfolgsgeschichte entfernt. Die Arbeitslosenrate betrug bei seinem Amtsantritt im November 2011 10,3 Prozent. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise- und Weltwirtschaftskrise hatte die Quote bei 7,1 Prozent gelegen. Damit steht die Entwicklung in Europa im starken Kontrast zu den USA, wo die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren erheblich zurückging.
Kaiser ohne Kleider
Die Stimmung in der Schweizer Industrie verbessert sich spürbar. Der Einkaufsmanager-Index (PMI) klettert im August um 3,4 auf 52,2 Punkte. Damit notiert er über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und auf dem höchsten Stand seit der Aufhebung des Mindestkurses. Die Wirtschaft steht kurz davor den Frankenschock abzuarbeiten. Es könnte sich herausstellen, dass die Schweiz imstande ist mit Eurokursen von 1,05 bis 1,10 Franken Wachstumsraten jenseits von einem Prozent zu erreichen.
Ein Einpendeln des Euros unter 1,10 Franken bei einer ordentlich laufenden Konjunktur ruft die Schweizerische Nationalbank auf den Plan. Sie würde auf denen von ihr während der Verteidigung der Stützgrenze angehäuften Euro-Reserven sitzen bleiben. Die Folge wäre ein Gesamtverlust von 100 Milliarden Franken und mehr. SNB-Chef Jordan braucht einen Eurokurs von mindestens 1,10 Franken, besser noch von 1,15 Franken, damit er vor dem Schweizer Steuerzahler nicht als Kaiser ohne Kleider dasteht.
Der Franken sei noch immer deutlich überbewertet. "Die Nationalbank ist nicht eingeschränkt bei den Interventionen", sagte Jordan am Dienstag im Anschluss an einen Vortrag. Auch beim Leitzins, der bei -0,75 Prozent liegt, habe man noch Platz nach unten. Diese verbale Intervention war ein erster kleiner Paukenschlag der SNB. Weitere dürften folgen.
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Schweizer Notenbank bereitet nächsten Paukenschlag vor
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Zauberlehrlingen droht Kaiser-ohne-Kleider-Schicksal
02.09.15
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