"Ein neuer Desindustrialisierungsschub im Werkplatz Schweiz ist im Gange. Wenn die Produktion einmal ins Ausland verlagert worden ist, kommt sie nie mehr zurück!", schreibt der Schweizer Ökonom und sozialdemokratische Politiker Rudolf Strahm in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Der Bund". Der Frankenschock (gemeint ist die Aufhebung des Euro-Mindestkurses bei 1,20 Franken vor einem Jahr) war "unnötig, ja sogar schädlich", so Strahm.
Tatsächlich wirkt die SNB in Sachen Geldpolitik veraltet. Sie schießt mit der Mindestkurs-Aufhebung gleich mehrere Eigentore:
- Die Inflationrate ist wegen des starken Frankens negativ, das Inflationsziel der SNB von 2% ist unerreichbar.
- Die Wirtschaft kühlt sich ab, die Arbeitslosigkeit steigt.
- Die Rückfall des Euro-Franken-Kurses verursacht Milliardenverluste, so dass die Kantone weniger Geld von der SNB bekommen.
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In den USA geht man noch einen Schritt weiter. Zinserhöhungen seien nicht geeignet, um Finanzblasen zu bekämpfen, sagt der früherer Researchleiter von US-Notenbankchefin Janet Yellen, der aktuelle Fed-Gouverneur für den Notenbankbezirk von San Francisco, John Williams. Übersetzt heißt das: Die Fed sollte Finanzmärkte und Konjunktur so richtig heißlaufen lassen.
Im angelsächsischen Raum ist es selbstverständlich, dass die Notenbank mit ihrer Geld- und Währungspolitik die Gesamtwirtschaft ihres Landes stützt, das gilt heute sogar auch in der EZB. Die Schweizerische Nationalbank würgt im Gegensatz dazu die Konjunktur ab. Ein Unikum!
Rudolf Strahm, Schweizer Ökonom und Politiker
Der Sozialdemokrat Strahm möchte die Notenbank in der Schweiz vermutlich zu einem Regierungs-U-Boot umfunktionieren, so wie es dieser Tage in den USA und Japan Gang und Gebe ist. Mario Draghis EZB liest der französischen und italienischen Regierung ohnehin jeden Wunsch von den Lippen ab. Mit dem Italiener geht es in die Richtung 1 Dollar = 1.000 Euro, Konfettiwährung statt Weltwährung.
Dass Argument, dass der starke Schweizer Franken wegen wegbrechenden Exporten zu einer Deindustrialisierung führe, sei eines aus der Vergangenheit, sagen die Anhänger einer Starkwährung.
In der Tat zeigt eine neue Studie der Organisation für für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass eine starke Währung für die Exporteure weitaus weniger problematisch ist als noch vor 20 oder 30 Jahren. Die Unternehmen beziehen heute sehr viel mehr Vorleistungsgüter und Rohstoffe aus dem Ausland und kommen dank Starkwährung auf beträchtliche Kosteneinsparungen über die Importschiene.
Darüber hinaus sei eine Hartwährung ein Innovationsmotor. Die Unternehmen müssten laufend höherwertige Produkte erstellen und neue Schlüsselindustrien erobern, was langfristig den Wohlstand des gesamten Landes sichere. Die Schweiz ist auf diesem Gebiet zweifelsfrei weltweit der Spitzenreiter - noch vor Deutschland.