"Wenn ich das richtig sehe, findet im Augenblick ein relativ konzentrischer Angriff auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt statt", sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble am Montagabend in Berlin. Deutschland ist in Europa so isoliert wie eigentlich noch nie. Das nutzt eine von Frankreich angeführte Gruppe, um das Regelwerk des Euros zu attackieren. Ziel ist es, mehr Schulden zu machen und die harten Bail-In-Regeln für Banken aufzuweichen.
Merkel hat mit ihrer Sparpolitik in Südeuropa und mit ihrer Flüchtlingspolitik in Osteuropa viel Porzellan zerschlagen. Italiener, Spanier, Griechen und Portugiesen werfen der Kanzlerin vor, ihre Länder konjunkturtechnisch an der kurzen Leine zu halten, um sie besser kontrollieren zu können. In Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei sieht man in Merkels geplanter Flüchtlingsumverteilung einen Angriff auf den Nationalstaat. Denn bei einer stärkeren kulturellen Mischung wäre die Bevölkerung eher bereit Macht an die von Deutschland dominierte EU abzugeben.
Grün: EU-Länder, die andere Finanz- und Flüchtlingspolitik verfolgen wie Deutschland Rot: EU-Länder, die ähnliche Finanz- und Flüchtlingspolitik verfolgen wie Deutschland |
Auch wenn es um die Finanzmärkte geht, hat man in Berlin seine ganz eigene Sicht auf die Dinge. Das starke Auf und Ab der Kurse (Volatilität) beeinträchtige die Konjunktur, beschwert sich Schäuble. Tragen die Zentralbanken aber dafür Sorge, dass die Volatilität gering ist, beschwert sich Deutschland zuallererst. Schäuble weiß: Wenn der deutsche Exportmotor nicht mehr läuft und die Regierung kein Geld mehr ausgeben kann, dann werden auch die Verbraucher den Gürtel enger schnallen und im Nu ist eine Rezession da.
Am Devisenmarkt ist das politische Gerangel zwischen Deutschland und dem Rest Europas bisher kein Thema. Der Euro steigt sowohl gegenüber dem Schweizer Franken als auch zum US-Dollar. Für 1 Euro werden aktuell 1,1030 Franken und knapp 1,12 Dollar bezahlt. Sollte Deutschland aber in eine Rezession rutschen, die wegen der im Grundgesetz stehenden Schuldenbremse kein Zuckerschlecken werden würde, sähe es wohl anders aus. Die Bundesbank warnt in ihrem aktuellen Monatsbericht vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes.
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