EUR/CHF-Kurs wechselt auf die Geisterfahrer-Spur
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EUR/CHF-Kurs wechselt auf die Geisterfahrer-Spur

Die Gier der Anleger ist am Ende dann doch größer. Schlechte Vorgaben werden ignoriert - Aktienkurse steigen wieder. Zweifler und Zögerer werden von Börsianern verspottet. Zwar hat der Euroraum im Februar das schwächste Wirtschaftswachstum seit einem Jahr verzeichnet. Den Euro lässt das aber kalt. Er steigt auf 1,1010 Franken. Die Aufmerksamkeit gilt bereits dem nächsten konjunkturellen Strohfeuer.

"Abschwung setzt sich fort", heißt es in einem neuen Konjunkturbericht des Forschungsinstituts Markit. Der die Industrie und den Dienstleistungssektor umfassende Einkaufsmangerindex (PMI) für den Euroraum sinkt von 53,6 Punkten im Januar auf 52,7 Zähler im Februar. Frankreichs Wirtschaft schrumpft zum ersten Mal seit einem Jahr wieder. In Deutschland fällt die Wachstumsrate auf ein 7-Monatstief.

Die positive Reaktionen an den Börsen und beim EUR/CHF-Kurses auf die schwachen Konjunkturdaten zeigt die Rückkehr eines seit der Finanzkrise fast alles dominierenden Zusammenhanges: Die Notenbanken öffnen die Geldschleusen immer weiter, um Rezessionen zu verbieten und Konjunkturzyklen zu manipulieren. In der Vorahnung einer neuen Geldschwemme steigt die Risikobereitschaft. Anleger sind glücklich.


EZB-Präsident Mario Draghi hat einen Freifahrtschein auf der nächsten Sitzung am 10. März 2016 noch einmal so richtig viel Zahnpasta aus der Tube zu drücken, weil...
  1. sich der Deflationsdruck im Euroraum gemäß den Markit-Forschern verschärft hat.
  2. die Deutsche Bundesbank in der letzten Woche ihre Inflationsprognosen für 2016 und 2017 deutlich senkte.
  3. Bundesbank-Chef Jens Weidmann wegen des Rotationsverfahren bei der nächsten EZB-Sitzung kein Stimmrecht hat.

Draghi dürfte sich Letzteres nicht entgehen lassen. Weidmann stimmte oft gegen die Lockerungsmaßnahmen, so dass Draghi keinen einstimmigen Entscheid des Zentralbankrates zustande brachte. Diesmal hat der Italiener allerdings die Chance alle stimmberechtigten EZB-Mitglieder hinter weiteren Lockerungen zu versammeln. Dies würde die Wirkung der zu beschließenden Maßnahmen noch einmal verstärken.

"Der Schweizer Franken entwickelt sich im 2016 vollkommen paradox", analysiert die Bank J. Safra Sarasin. "Trotz Sorgen um das chinesische Wachstum, Unsicherheiten bezüglich der Währungspolitik im Reich der Mitte und dem erneuten Ölpreisrückgang blieb der sonst in unsicheren Zeiten so übliche Ansturm auf den Franken aus. Ganz im Gegenteil: der EUR-Frankenkurs ist im Januar von einem Kursniveau von 1,086 auf nahezu 1,11 angestiegen."

Insofern passt es ins Bild, dass sich der Euro trotz der schwachen Konjunkturdaten und der Aussicht auf noch mehr EZB-Billiggeld aktuell über 1,10 Franken festigen kann.

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