Der Eurokurs rennt bei 1,0910 Franken gegen eine Wand. Bereits dreimal prallte er an dieser Marke seit Wochenbeginn zurück. Ein EZB-freundliches Urteil der deutschen Verfassungsrichter bringt nicht den erhofften Anstieg auf 1,10 Franken. Es dreht sich alles um den Brexit. Er brächte die Euro-Währung kurzfristig unter Druck, würde sie aber langfristig besser machen.
In der EU gibt es viele Leute, die einem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) etwas Positives abgewinnen. Denn die Briten behindern seit Jahrzehnten den Entscheidungsfindungsprozess in Brüssel. Sie pochen auf Sonderrechte und zahlen in die EU-Vereinskasse unterm Strich nur so wenig ein wie die deutlich kleineren Niederlande. Insofern wäre ein Brexit für die EU ein Ereignis, um enger zusammenzurücken.
Man würde bei einem Brexit den Prozess einer engeren Kooperation in Europa fortsetzen und die europäische Einigung möglicherweise auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Währungspolitik sogar noch vertiefen, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Die Briten seien besser beraten in der EU zu bleiben, so Juncker.
Pfund geht den Bach runter
Weil ein Brexit zu einer massiven Abwertung des Pfunds führen würde, hätten die britischen Haushalte 3.000 bis 5.000 Pfund pro Jahr weniger an Einkommen zur Verfügung, rechnet der Hedgefonds-Manager George Soros in einem Beitrag für die Zeitung Guardian vor. Der gebürtige Ungar, der 1992 mit einer drastischen Abwertung des Pfunds 1 Milliarde US-Dollar verdiente, meint, dass sich die Brexit-Befürworter missüberschätzen.
Großbritannien sei wegen seines hohen Handelsdefizites und den Niedrigzinsen, die man anders als 1992 kaum noch weiter senken könne, sehr anfällig. Dass die britische Exportwirtschaft von einer drastischen Abwertung des Pfund profitieren würde, erteilt Soros ein Absage. Denn bei einem Brexit gäbe es große Unsicherheiten über die künftige Ausgestaltung der Handelsbeziehungen und damit schlechte Exportperspektiven.
Bei einem Brexit würde der Euro-Franken-Kurs nach Einschätzung der meisten Devisenexperten erst einmal Richtung 1,05 oder 1,00 abrutschen. Im Falle eines Verbleibs dürfte das Pendel allerdings nicht ebenso stark in die andere Richtung ausschlagen. Die britischen Regierung würde hinter den Kulissen weiterhin versuchen, eine engeres Zusammenrücken von EU- und Euroländern zu verhindern.
Auf Sicht eines Jahres oder mehr könnte der Euro-Franken-Kurs dann aber kräftig zulegen. In Frankreich und Deutschland könnten neue Staatschefs an die Macht kommen, die Europa wieder zusammenführen. Darüber hinaus beginnt bei der Europäischen Zentralbank 2018/19 ein Machtwechsel. Der Interventionist Draghi und ein starker Euro sind zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschließen.
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Brexiteure missüberschätzen sich - Euro besser ohne UK
21.06.16
11:24