Der Euro-Franken-Kurs wird in die Zange genommen. Einen allfälligen Anstieg des Euros auf 1,10 Franken verhindern die Pessimisten. Sie haben mit Hiobsbotschaften aus dem Bankensektor und nun auch mit einer Abkühlung von Deutschlands erfolgsverwöhnter Wirtschaft gute Argumente. Sinkt der Euro hingegen wie zur Wochenmitte unter 1,08 Franken, schlägt die Stunde der Zweckoptimisten. Sie wollen auf den Euro-Stützungskäufen der Schweizer Notenbank Trittbrettfahren.
Die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht sei gerüstet, Risiken einer weiteren Finanzkrise zu minimieren, sagte die Chefin der Behörde Daniele Nouy gestern bei einer Konferenz in Frankfurt. Was ihr genau vorschwebt, um Italiens Banken-Krise einzudämmen, sagt sie nicht. Viel Vertrauen darf man aber nicht haben. Als Nouy bei der Banken-Krise zu Jahresbeginn eingreifen wollte, kamen postwendend Beschwerden der italienischen Regierung und sie ruderte zurück.
Dies zeigt: Die EZB-Aufseher kuschen vor der Politik. Für letztere ist die Stabilität des Finanzsystems zweitrangig. Sie wollen, koste es, was es wolle, die Einlagen ihrer Wähler beschützen und versuchen, das neue Bail-In-Regelwerk nach dem Vorbild des Euro-Stabilitätspakt wie einen Schweizer Käse zu durchlöchern. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hat schon einen Vorstoß unternommen, bei der Sanierung seiner Banken Sparer und Aktionäre außen vor zu lassen.
Aus Berlin kam zwar postwendend eine Absage. Entscheidend ist aber die EU-Kommission. Und die dürfte scheibchenweise ihren Laissez-Faire-Approach nun auch beim Banken-Bail-In-Regelwerk einpflegen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sein Währungskommissar Pierre Moscovici sind Garanten dafür, dass das Euro-Regelwerk nicht das Papier wert ist, auf dem es geschrieben ist. Juncker war schon dem früheren deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder nur allzu gerne behilflich, den Stabilitätspakt zu zerstören.
Gegenwind für den Euro kommt ferner aus Deutschland. Dort hat sich die Konjunktur im zweiten Vierteljahr recht stark abgekühlt. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe und die Industrieproduktion fielen deutlich schlechter aus als erwartet. Der Binnenkonsum läuft allerdings weiterhin wie geschmiert, was nach Einschätzung von Finanzminister Wolfgang Schäuble auf Deutschlands gesunde Staatsfinanzen zurückzuführen sei.
Die Devisenreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erhöhten sich per Ende Juni um 6,7 Milliarden Franken auf 609 Milliarden Franken. Tatsächlich wird die SNB wohl mehr als die knapp sieben Milliarden Franken eingesetzt haben, um den Euro über 1,08 Franken zu halten. Denn der Schweizer Franken hat im Juni gegenüber dem Euro und US-Dollar aufgewertet. Die hohen Euro- und Dollar-Bestände der SNB wurden etwas dezimiert, wodurch der Wert der Devisenreserven sank. Dieser Effekt dürfte durch Euro-Stützungskäufe in der Gegend von zehn Milliarden Euro überkompensiert worden sein.
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Euro bei 1,08 Franken Neue Normalität? Ein Pro und Contra
07.07.16
11:11