Jetzt ist der Weg nach oben frei: Der Euro knackt 1,0940 Franken und legt sogar einen Wochenschlusskurs über diesem hartnäckigen Widerstand hin. Dazu kommt es, nachdem Janet Yellen auf der geldpolitischen Konferenz in Jackson Hole unterstreicht, dass ihre Fed auf eine zweite Zinserhöhung zusteuert.
Die Symbolik des Ortes ist nicht zu unterschätzen. Hier schwor der frühere Fed-Chef Ben Bernanke die Märkte einst auf QE3, dem bisher umfangreichsten Wertpapierkaufprogramm in der Geschichte der USA, ein. Draghi kündigte hier vor zwei Jahren den Burgfrieden mit Angela Merkel auf, als er Konjunkturprogramme auf Pump forderte. Seitdem versucht die EZB-Technokratie aus dem deutschen Parlament Konjunkturprogramme herauszupressen.
Vor Yellens Auftritt in Jackson Hole galt:
Die Fed tut so, als ob sie die Zinsen erhöhen könnte. Tatsächlich heckt sie jedoch die nächsten Lockerungen aus. Man behauptet, dass es der US-Wirtschaft besser geht, als es tatsächlich der Fall ist. In ein paar Monaten, wenn es womöglich die ersten Jobverluste gibt, muss die Fed dann einräumen, dass sich die Konjunktur abkühlt. Das ist dann die erste massive, verbale Lockerung der Geldpolitik.
Kommt es anschließend in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen zu Rückgängen der US-Wirtschaftsleistung, senkt die Fed den Leitzins wieder auf 0,00%. Ferner kündigt sie Wertpapierkäufe an und setzt QE4 wenige Monate später in die Tat um. Die Fed muss es in erster Linie mit Ankündigungen richten. Als die US-Konjunktur vor zwei Jahren wirklich stark war, versäumte man es die Zinsen zu erhöhen. Deswegen hat die Fed nun kaum Spielraum mit klassischen Zinssenkungen gegen eine Rezession anzugehen.
Nach Yellens Auftritt in Jackson Hole: Wird wieder alles gut?
Es kommt zu einer Normalisierung der US-Geldpolitik. In einem ersten Schritt schwächt sich der Schweizer Franken gegen den US-Dollar wegen höheren Zinsen in den USA ab. Danach beginnt die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer Normalisierung (Auslaufen der Anleihekäufe), so dass der Franken auch zum Euro schwächer wird. Die SNB kann an ihrer expansiven Geldpolitik am längsten fest, weil die Inflation in der Schweiz am tiefsten ist. Infolge schwächt sich der Franken auf 1,20, 1,30 oder 1,40 per 1 Euro ab.
Um einzuschätzen, ob es auf das Szenario "Alles wird wieder gut" hinausläuft, gilt es EUR/CHF-Devisenoptionen zu verfolgen. Noch sind Devisenoptionen für einen Schweizer Pharmariesen, der in die Eurozone exportiert, einen Zahlungseingang in Euro erwartet und sich gegen einen Rückfall des Euro-Franken-Kurses absichern will, recht teuer. Optionen für einen deutschen Autobauer, der in die Schweiz exportiert, einen Zahlungseingang in Franken erwartet und sich gegen einem steilen Anstieg des Euro-Franken-Kurses absichern will, sind hingegen deutlich billiger.
Der Euro-Franken-Kurs hätte grünes Licht für einen Anstieg, wenn der Schweizer Pharmariese für den Erwerb von Absicherungsoptionen mehr bezahlen müsste, als der deutsche Autobauer. Das war das letzte Mal im Februar 2016, als das Wachstum in der Eurozone deutlich höher war als in der Schweiz und 1 Euro bis zu 1,12 Franken wert war, der Fall.