An den Finanzmärkten knistert es. Die US-Notenbank (Fed) hat sich in eine Sackgasse manövriert. Ob Fed-Chefin Yellen den Leitzins erhöht oder nicht, spielt keine Rolle. Beides wird zu ihren Ungunsten ausgelegt. Damit ist die Situation nicht nur komplett anders, sondern auch viel gefährlicher als noch vor wenigen Monaten. Seinerzeit prahlte die Fed, sie könne die Zinsen anheben.
Angenommen die US-Notenbank erhöht in einer Woche den Leitzins auf 0,75% (aktuell: 0,50%). Dann käme das in etwa wieder so hoch wie vor der Finanzkrise 2008 verschuldete Corporate America ins Schlingern. Denn höhere Zinsen bedeuten sinkende Unternehmensgewinne. Rührt Yellen den Leitzins hingegen nicht an, würde sie damit den wirtschaftlichen Abschwung in den USA von offizieller Seite bestätigen.
Heute ist die Lage komplett anders als noch im Mai 2016. Damals sagten sich die Anleger aufgrund ins Kraut schießender Spekulationen über Leitzinserhöhungen: Die US-Wirtschaft muss aber gut beisammen sein, wenn die Fed beabsichtigt die Geldpolitik zu straffen. Die Fed-Gouverneure redeten seinerzeit über zwei bis drei Zinserhöhung im Jahr 2016. Was für Unsinn aus heutiger Sicht.
Yellen muss sich entscheiden
Natürlich konnte man im Mai auch prima damit leben, dass Yellen den Leitzins nicht anrührte. Corporate America blieb von höheren Schuldzinsen verschont. Infolge kletterten die US-Aktienkurse auf Allzeithochs. Auch die Anleihekurse zogen kräftig an, was im Gegenzug dazu führte, dass die Zinsen von zehnjährige US-Staatsanleihen auf ein Mehrjahrestief bei 1,43% sanken.
Ob nach der Fed-Sitzung am 21. September 2016 die inzwischen tieferen Aktien- und Anleihekurse erneut haussieren, ist unwahrscheinlich. Yellen kann nicht mehr beides haben. Die Anleger-Schafherde macht nicht länger mit, wie die Kursverluste nach zuletzt schwachen US-Konjunkturdaten zeigen. Yellen dürfte sich mit der näher rückenden US-Präsidentschaftswahl dazu entscheiden, zunächst den Aktienmarkt zusammenzuhalten.
Um den Anleihemarkt kann man sich später kümmern, weil Clinton oder Trump sich vom US-Kongress ein Konjunkturprogramm auf Pump spendieren lassen werden. Anleger würden dafür höhere Zinsen auf US-Staatsanleihen verlangen. Die Fed müsste nun mit einem erneuten Anleihekaufprogramm (QE4) sicherstellen, dass der Zinsanstieg nicht aus dem Ruder läuft.
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An der Wall Street wissen sie nicht mehr weiter
14.09.16
06:42