Der Euro macht nach einer rhetorischen Vitaminspritze ein wenig Boden gut. Er steigt auf 1,0770 Franken - den höchsten Stand seit zweieinhalb Wochen. Zum US-Dollar klettert der Euro kurz auf 1,0685 - nach 1,0517 in der letzten Woche. Anschließend geht es für die Gemeinschaftswährung aber wieder bergab. Europa bezeichnet sich gerne als "Soft Power". Die dazu passende Währung hat es bald.
Über die Zukunft des Euros gebe es keine Zweifel, sagt der frühere Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, im Gespräch mit dem Finanzsender CNBC. Issing gilt als Vater des Euros. Neben dem kanadischen Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Mundell, dessen Forschung maßgeblich dazu beitrug den Euro einzuführen, hat der Deutsche den wohl größten Anteil daran, dass heute 340 Millionen Europäer mit dem Euro bezahlen.
Issings Vitaminspritze für den Euro kommt wahrscheinlich nicht ganz zufällig. Ihn hat womöglich der rapide Wertverfall des Euros gegen den US-Dollar gestört. Der Euro-Wechselkurs schwebt in akuter Gefahr noch in diesem Jahr unter 1 Dollar zu fallen. Kurse unterhalb der Parität gab es zuletzt vor 14 Jahren als Issing noch EZB-Chefvolkswirt war. Auch damals hatte die EZB verbal interveniert.
Notenpresse: Ihre wahre Bedeutung
Die EZB hat inzwischen klar gemacht, dass sie den Euro mit ihrer Notenpresse beschützen wird. Kommt es hart auf hart, wird sie jene Euros frisch drucken, die Griechenland, Italien und Portugal für den Schuldendienst brauchen. Mario Draghi wird wohl einen Teufel tun und sein Whatever-it-Takes-Versprechen, so wie von dem einflussreichen Chef der Münchner Rück gefordert, zurücknehmen.
Die Amerikaner machen dasselbe. Auch sie könnten wegen ihrer Notenpresse nicht pleite gehen, sagte der frühere Fed-Chef Ben Bernanke einmal flapsig abseits des Protokolls. Die USA bauen sich ihren Case über die Arbeitslosigkeit. So hat die Fed die Pflicht alles zu tun, um für Vollbeschäftigung zu sorgen. Das heißt dann in letzter Konsequenz: Notfalls werden unbegrenzt US-Staatsanleihen aufgekauft, weil das ein Mittel ist, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Beschäftigung zu erhöhen.
Es ist daher das gute Recht der Eurozone mit der Notenpresse den Euro künstlich zu beatmen. Dass die Europäer bereits seit 1994 in ihren Verträgen stehen haben, es sei verboten, dass nationale Notenbanken Staaten Kredite geben, darüber meckern im Grunde nur noch Kümmelspalter. Der Preis für die Notenpressen-Politik ist allerdings eine Weichwährung. Daran ist zu denken, wenn immer man etwas von Draghi hört.
Letzter Europäer macht das Licht aus
Europa sieht sich gerne als eine "Soft Power". Die passende Währung dazu druckt man bei der EZB. Eine "Hard Power" wollen die Europäer wegen der dazu notwendigen militärischen Stärke nicht sein. Darüber hinaus kennzeichnet eine "Hard Power" ökonomische Stärke. Die EU als Wirtschaftsmacht ist aber auf dem absteigenden Ast.
Der europäische Abstieg ist zum einen selbstverschuldet, weil man lauter Selfie-Softie-Politiker hat, die keine Reformen machen und die Arbeitslosen Arbeitslose sein lassen. Zum anderen ist das der Gang der Geschichte. Die Europäer haben fast ein halbes Jahrtausend die Welt dominiert. Angefangen hat alles mit den Seefahrern und Entdeckern. Nun sind eben Länder wie China und Indien an der Reihe.
Die Europäer werden immer mehr Produkte und Dienstleistungen aus diesen Ländern bestellen. Mit ein paar frisch gedruckten Euros wird man künftig, außer ein Container voller Billigartikeln für Ramschläden, nicht mehr viel erhalten. Kommen die Waren an den europäischen Häfen an und werden die Rechnungen fällig, haben die EZB-Leute den Euro schon wieder ein Stück weit mehr aufgeweicht.
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» Euro hat sich den Virus einer Soft Power eingefangen
Euro hat sich den Virus einer Soft Power eingefangen
29.11.16
08:00