Der Euro steht im Zentrum eines Flash-Crash. Eine unerwartete Abschwächung des US-Dollars zeigt, wie heimtückisch es am Devisenmarkt zugeht. Rund um die Uhr kann es zu extremen Kursausschlägen kommen. Der EUR/USD-Kurs schießt in wenigen Minuten von 1,0484 auf 1,0652 (+1,60%) hoch. Im Windschatten steigt der EUR/CHF-Kurs auf 1,0760, und das, obwohl die SNB das Fallnetz gerade tiefer spannt.
Die Mutter aller Flash-Crashs war die plötzliche Aufhebung des Euro-Mindestkurses bei 1,20 Franken vor zwei Jahren. Dramatisch ging es auch am 6. Oktober 2016 zu, als der Euro gegen das Britische Pfund in sekundenschnelle 5% zulegte. Für einen solche Bewegung braucht es normalerweise Monate, wenn nicht sogar Jahre. In der letzten Nacht, wieder einmal im asiatischen Handel, war nun der EUR/USD-Kurs dran.
Automatisierte Kauforders haben den Euro angeschoben. Als keine Gegenwehr der Verkäuferseite kam, haben die Computer immer mehr Euros gekauft. Dann mussten jene Handelssysteme die Notbremse ziehen, die zuvor auf einen sinkenden EUR/USD-Kurs gesetzt hatten. Bei ihnen wurden Stop-Loss-Aufträge ausgelöst, d. h. sie mussten Euros zurückkaufen. Der EUR/USD hat sich so immer weiter aufgewiegelt.
Die Flash-Crash-Gefahr beim EUR/CHF-Kurs wird größer. Das liegt daran, dass die Direktoren der Schweizerische Nationalbank (SNB) seit etwa zwei Monaten durchblicken lassen, ihr Fallnetz für den Euro tiefer zu hängen. Die SNB will einen Deal mit dem Devisenmarkt machen. Sie bietet einen niedrigeren EUR/CHF-Kurs und möchte im Gegenzug ihre Euro-Stützungskäufe verringern.
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2016 war die SNB hauptsächlich damit beschäftigt, den Euro über 1,08 Franken zu halten. Im Schlussquartal spannte man das Fallnetz dann bei 1,07. Eine Möglichkeit wäre nun, den Euro auch im 1. Quartal 2017 über 1,07 Franken zu halten und danach auf 1,06 zu gehen. Eine andere, das Fallnetz gleich zu Jahresbeginn auf 1,05 Franken zu hängen, um den Exportunternehmen zu zeigen, wohin die Reise geht.
Die Eingriffe der SNB zur Stabilisierung des EUR/CHF-Kurse seien für die Planungssicherheit der Schweizer Unternehmen "extrem wichtig", erklärt der renommierte Berner Ökonom Aymo Brunetti in der "Basler Zeitung". "Ein entscheidender Punkt war wohl, dass die Schweizerische Nationalbank auch ohne deklarierte Untergrenze weiterhin entschieden gegen eine übermäßige Aufwertung des Frankens ankämpfte", resümiert Brunetti.
Anders als Deutschland wirft die Schweiz eines ihrer wirtschaftlichen Erfolgsrezepte der letzten Jahrzehnte nicht über Bord. Dass der Schweizer Franken jedes Jahr im Schnitt 1,5-2% stärker wird, gehört zum guten Ton. Es ist Teil des Strukturwandels, den die Schweizer offensiv angehen. Die Unternehmen haben in ihrer DNA stets wettbewerbsfähiger und innovativer zu werden.
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Schweiz wünscht stärkeren Franken, aber kein Flash-Crash
30.12.16
15:30