Die Europäische Zentralbank (EZB) hat aus Sorge vor politischen Schocks den Aufkauf von Staatsanleihen um neun Monate verlängert. Ferner dehnt Mario Draghi seine Machtfülle auf die Bankenaufsicht aus. Eine unabhängige Geldpolitik ist damit ebenso wie ein dauerhaft stabiles Finanzsystem zu einer Illusion geworden.
Man wolle auf dem Anleihemarkt präsent sein, wenn in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland gewählt wird, sagt die EZB in ihrem Sitzungsprotokoll. Was Wahlen mit dem Mandat für Preisstabilität zu sorgen zu tun haben, erschließt sich nicht allen Beobachtern auf den ersten Blick. Die EZB muss daher aller Register ziehen. Ihre Ausreden-Verkettung sieht in etwa so aus:
Eurofeindliche Wahlergebnisse könnten die Zinsen portugiesischer Ramschpapiere sowie italienischer- und spanischer Beinahe-Ramschanleihen nach oben treiben. Dies würde dann wiederum die Konjunktur abwürgen und den ohnehin schon mickrigen Stellenaufbau im Süden gefährden. Dadurch käme es dann zu einer sinkenden Inflation, weshalb man quasi schon jetzt und auf Vorrat Staatsanleihen kaufen muss.
Wer mit so einer Argumentation einen Aufsatz schreibt, dem wäre die Note 5 sicher. Nicht so Mario Draghi. Seine geldpolitischen Maßnahmen fangen immer mit einer Verkettung von Ausreden an und enden damit, dass er sich selbst die Note 1 einträgt. Denn Draghi klopft sich für seine Geldpolitik regelmäßig selbst auf die Schulter.
Der stolze Italiener kann nicht eingestehen, dass er den ganzen Aufwand betreibt, um den südlichen Euroländern unter die Arme zu greifen und Deutschland dafür als Faustpfand braucht. Draghis ständiges Eigenlob ist somit vollkommen fehl am Platz. Vielmehr müsste er sich bei den Steuerzahlern im Norden der Eurozone bedanken. Denn die halten den Laden zusammen.
Wissenschaftliche Sackgasse
Die EZB macht keine Anstalten sich nicht mit neuen Erkenntnissen zu befassen, wonach eine zu expansive Geldpolitik zu Deflation und nicht zu Inflation führt. Zu mehr Pluralismus ist diese Notenbank, wo oft nur jene Mitarbeiter mit Seilschaften und Negativzins-Ideologie befördert werden, nicht fähig. Die US-Notenbank (Fed), die Bank von England und selbst die Schweizerische Nationalbank (SNB) sind da sehr viel offener.
Ein SNB-Ökonom hat gerade das Konzept von Helikoptergeld gelobt, obwohl das nicht auf der Line mit der Chefetage liegt. Die EZB würde sich hingegen lieber die Zunge abbeißen, als zu untersuchen, ob höhere Zinsen zu mehr Konsum und Investitionen führen, weil dadurch die Verbraucher nicht so verunsichert wären und weniger sparen müssten.
Die Lüge mit der Bankenaufsicht
Hoch und heilig hatten Draghi und IWF-Chefin Lagarde einst versprochen, dass die bei der EZB angesiedelte Bankenaufsicht strikt von der Geldpolitik getrennt werden würde. Da hat man in Brüssel mal wieder gelogen, bis sich die Balken biegen. Draghi und Lagarde seien Fake News, würde ein Trump-Anhänger sagen.
Draghi hat gerade einen Brief über die geplante Fusion der Deutschen Börse mit der Londoner Börse (LSE) ans EU-Parlament geschrieben. Darin zeigt er sich besorgt, dass die beiden mit Bankenlizenzen ausgestatteten Börsenkonzerne, auch wegen dem Brexit, künftig nicht mehr so engmaschig von der EZB kontrolliert werden könnten. Seine EZB wolle die Sache prüfen. So weit, so gut.
Doch warum hat Mario Draghi den Brief geschrieben und nicht die Chefin der EZB-Bankenaufsicht Danièle Nouy?
Es ist ein klares Indiz dafür, dass Draghi heimlicher Herscher über die Bankenaufsicht ist und die Französin Nouy nur Strohfrau und Ausführungsgehilfin. Das birgt erhebliche Gefahren. Denn die Ziele von Geldpolitik und Bankenaufsicht sind sehr unterschiedlich. Es läuft daraus hinaus, dass Draghi wegen schwachen Bilanzen den Banken mehr Liquidität zur Verfügung stellt als es die Geldpolitik gebietet.
Die Deutsche Bundesbank warnt: "So könnte etwa eine Zinserhöhung, die aufgrund der Preisentwicklung angemessen wäre, hinausgezögert oder sogar unterlassen werden, wenn dadurch das Risiko bestünde, dass beaufsichtigte Banken in Schwierigkeiten geraten."
An dieser Stelle müssen dann die Negativzins-Propagandisten der EZB mit einer Ausreden-Verkettung gegenhalten: Wenn Banken ins Straucheln kommen, dann vergeben sie weniger Kredite. Das würgt die Konjunktur ab und dämpft die Inflation. Es ist somit vollkommen richtig und wichtig Zombie-Banken mit Zentralbankgeld bei weit geöffneten Geldschleusen zu retten.
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Geldpolitik als Ausreden-Verkettung: Ist die EZB Fake News?
13.01.17
08:00