Sind das erste Ermüdungserscheinungen? Ausgezeichnete Konjunkturdaten aus der Eurozone vermögen es nicht, den EUR/CHF-Kurs auf 1,10 zu heben. Stattdessen geht die Seitwärtsbewegung bei 1,09 weiter. Ganz offenbar ist dann doch zu viel Zentralbankgeld zur Ölung der Konsumwirtschaft im Umlauf. Der Euro läuft Gefahr irgendwann auf der Ölspur auszurutschen.
Die Eurozone hat im Mai ihr hohes Wachstumstempo beibehalten. Der Privatsektor expandierte so kräftig wie im April, als ein 6-Jahreshoch erreicht wurde, zeigen die neuen Einkaufsmanager-Daten. Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone sei "beeindruckend stark", berichten die Konjunkturexperten von IHS Markit. Der Jobaufbau ist einer der kräftigsten seit zehn Jahren.
Man kann sich also so richtig wohl fühlen in dieser Eurozone. Es gibt ausreichend Wirtschaftswachstum, im Privatsektor entstehen neue Jobs. Eine Auseinderbrechen des Euros ist derzeit überhaupt kein Thema. Es gibt allerdings ein Problem: Anders als die US-Notenbank (Fed) oder die Bank von England (BoE) musste die EZB bis an den Abgrund gehen, um dieses Wohlfühlklima zu schaffen.
Mario Draghi ist dabei die Bilanzsumme der EZB mit Ankaufprogrammen und Langfristkrediten für Wackel-Banken auf 50% der Wirtschaftsleistung der Eurozone aufblähen. Fed und BoE genügten etwa 25%, um durch steigende Preise für Vermögenswerte wie Aktien und Immobilien ihre Konsumenten in Hochstimmung zu versetzen.
Die Eurozone wäre wahrscheinlich auch mit 25% zu Rande gekommen, wären die nötigen Reformen gemacht worden. Doch Draghi und seine Südeuropäer ziehen es vor den einfachen Weg zu gehen: Man druckt lieber doppelt zu viel Zentralbankgeld, um mit Amerikanern und Briten bei Wachstum und Beschäftigung einigermaßen auf Augenhöhe zu sein.
Asset-Channel-Aufschwung
Die Fed sei gezwungen gewesen den "Asset Channel" als Werkzeug herzunehmen, um Wachstums- und Inflationsziele zu erreichen, schreibt der ökonomische Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian, in einem Gastbeitrag für Bloomberg. Verbraucher fühlen sich reichen, weil ihre Häuser, Aktien etc. mehr wert sind. Sie geben mehr Geld aus, was das Wachstum ankurbelt.
Bei der EZB sind sie noch einen Schritt weiter gegangen. Das sieht man neben der doppelt so stark aufgeblähten Bilanzsumme an den Negativzinsen und dem Kauf von Unternehmensanleihen.
Die Fed muss bereits bei jedem kleinen Rücksetzer der Asset-Preise rausgehen und die Märkte mit warmen Worten, also dem Inaussichtstellen einer anhaltend hohen Versorgung mit billigem Zentralbankgeld beruhigen. Dies konnte man letzte Woche wieder einmal beobachten. Zwei Tage nach dem die Aktienmärkte wegen Trump stark eingebrochen waren, sprach sich James Bullard, Chef der regionalen Fed von St. Louis, für eine unvermindert lockere Geldpolitik aus.
Draghi und seine Leute müssen neben den Börsen auch noch den Staatsanleihen-Markt ölen. Sie haben gar keine andere Wahl. Fallen Aktienkurse und Anleihekurse der Südeuropäer, kommt es zu einem Sentiment-Abschwung, der die Realwirtschaft in Mitleidenschaft zöge. Bei einer Rezession stünde die EZB dann mit leeren Händen da, weil sie außer dem Helikoptergeld keine Werkzeuge mehr hat.
Jetzt kann die Eurozone nur noch durch viel Inflation und einen weichen Euro zusammengehalten werden. Die hohen Guthaben der Nordeuropäer werden entwertet, damit die südeuropäischen Haushalte und Unternehmen von ihrer Schuldenlast nicht erdrückt werden.
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Willkommen in der Wohlfühlzone
24.05.17
08:00