Steigende Verbraucherpreise in Europas größter Volkswirtschaft und ein neuer Anlauf zu einer Regierungsbildung in Italien verschaffen dem Euro eine Verschnaufpause. Er steigt von 1,1370 auf 1,1520 Franken, zwischenzeitlich kostet er bis zu 1,1560. Die Gretchenfrage: Wurde in den letzten Tagen zu viel Porzellan zerschlagen, so dass ein erneuter Anstieg auf 1,20 unmöglich ist?
Italiens linke und rechte Populisten loten aus, ob eine Regierungsbildung auch ohne Paolo Savona ("Deutschland ist an allem Schuld") als Finanzminister möglich ist. Für die Finanzmärkte ist das ein gefundenes Fressen. Sie gehen davon aus, dass eine Koalition aus Fünf Sterne und Lega schlussendlich vor der EU so einknicken wird wie in Griechenland die Tsipras-Regierung.
In Deutschland schnellte die Inflation im Mai auf 2,2% nach oben, und damit über das offizielle Ziel der EZB hinaus. Dadurch haben es Draghi und seine Tauben ein Stück weit schwerer an der ultralockeren Geldpolitik festzuhalten, ohne weiter an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die EZB Staatsanleihen kauft, um den südeuropäischen Finanzministern unter die Arme zu greifen. Die angeblich zu niedrige Inflation dient da nur als Steigbügelhalter.
Der eurofreundliche Nachrichten-Reigen wird von einer Verringerung des Zinsunterschieds zwischen Italien und Deutschland sowie steigenden Aktienkursen abgerundet. Am Devisenptionsmarkt traut man dem Braten nicht. Hier zeichnet sich bisher kein Comeback des Euros ab. Der Schweizer Franken hat seinen Vorsprung in den letzten Tagen sogar wieder etwas erhöht.
Ein Grund dafür dürfte in der US-Schutzzollpolitik liegen. Am 1. Juni endet eine Ausnahmeregelung, die die EU von denen von der Trump-Regierung verhängten Stahl- und Aluminiumzöllen befreit. Brüssel wird aller Voraussicht zügig Gegenmaßnahmen beschließen, in dem es hauptsächlich Einfuhren von US-Agraprodukten Sonderzöllen unterwirft.
In Anbetracht des schwebenden Handelsstreit dürften Akteure am Devisenmarkt das Wochenende abwarten und an ihren aufgestockten Franken-Positionen festhalten. Sollte sich in der nächsten Woche dann herausstellen, dass es sich nur um einen kleinen Schlagabtausch zwischen den USA und der EU handelt, könnte das mehr Euro-Käufer zurück in den Markt locken.
Aus charttechnischer Sicht hätte der Euro eine Erholung verdient. Ein bis zwei Drittel der Kursverluste könnte er wettmachen, was mit einem Anstieg des EUR/CHF-Kurses in den Bereich 1,1570-1,1770 einherginge. Dann würden die Karten neu gemischt. Sollte sich die Lage in Italien weiter beruhigen, wäre sogar ein erneuter Anstieg auf 1,20, wie hier prognostiziert, möglich.
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Neuer Zielkorridor für EUR/CHF-Kurs bei 1,1570-1,1770
31.05.18
08:00