"Die Tatsache, dass die Anleger ihre Zinsprognosen zurückgeschraubt haben, ist ein Zeichen dafür, dass die Märkte sehr gut verstehen, dass unsere Politik datenabhängig ist", sagt Belgiens Notenbankchef, EZB-Ratsmitglied Jan Smets, dem Wall Street Journal. "Sie verstehen gut, wie wir uns verhalten und denken."
Von dem Zurückschrauben der Zinsprognosen hat der italienische Aktienmarkt sehr stark profitiert. An der Börse in Mailand freut man sich über die höchsten Kurse seit knapp zehn Jahren. Auch der Euro-Dollar-Kurs hat recht heftig auf den gelungenen Vorstoß der EZB-Tauben reagiert. Er sank in den letzten drei Wochen von 1,24 auf 1,19.
EZB-Chefvolkswirt Peter Praet spricht von einer soliden, breit abgestützten Expansion. Es würde halt nur nicht mehr das kräftige Wachstum von Ende 2017 erreicht. In Zahlen ausgedrückt: Das Wachstumstempo der Eurozone ist von etwa 2,5% auf knapp 2% runtergegangen. Genau an dieser Stelle lauern die Abwärtsrisiken für den Euro-Franken-Kurs.
Frage:
- Wenn die EZB bereits eine recht milde Wachstumsverlangsamung zum Anlass nimmt, die Erwartungen an eine Leitzinserhöhungen um ein halbes Jahr nach hinten zu verschieben, was passiert dann erst, wenn es mit der Eurozonen-Konjunktur zurück Richtung Potenzialwachstum auf 1,2% geht?
Antwort:
- Es werden jeden Monate wieder mehr Staatsanleihen gekauft und/oder das Wertpapierkaufprogramm verlängert. Beides spricht dafür, dass der Euro dann nicht nur zum Dollar Federn lassen muss, sondern auch zum Schweizer Franken.
In der EZB herrscht die Überzeugung vor, den Konjunkturaufschwung mit der expansiven Geldpolitik so lange wie irgend möglich aufrecht zu erhalten. Risiken blendet man einfach aus. "Die Schieflagen sind wohl da, aber manchmal überwiegen die Vorteile so sehr, dass du die Risiken ignorierst, um das Richtige zu tun", sagte Draghi letztes Jahr bei einer Konferenz des Peterson Institute for International Economics.
Soll heißen: Die EZB geht wie ein Pokerspieler All-in: Sie setzt darauf, dass das mit ihrer ultralockeren Geldpolitik kreierte Wachstum und der Wohlstandsgewinn größer sind als die Kosten, die mit dem Platzen von kleinen- und großen Finanzblasen unweigerlich kommen werden.
Ein bildlicher Vergleich: Draghi ist mit einem 41 Jahren alten Mercedes W123 (sehr beliebter Oldtimer) auf der Autobahn unterwegs und sagt: "Seht her, ich kann wie moderne Autos 140 Kilometer pro Stunde fahren." Dass er dafür den dreifachen Spritverbrauch hat, ist ihm ziemlich egal, weil seine Fahrt (Amtszeit) demnächst endet.
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