Für Ewald Nowotny ist es ein Etappensieg: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge will EZB-Chef Mario Draghi eine Diskussion über den Ausstieg aus dem Wertpapierkaufprogramm nicht länger tabuisieren. Österreichs oberster Nationalbanker wollte schon vor einem Monat eine Ausstiegs-Diskussion, wurde aber von Draghi abgeblockt. Nun also ein neuer Anlauf. Der Euro-Franken-Kurs traut dem Braten nicht. Der listige Italiener Draghi wird (muss) einen Weg finden, die Geldpolitik super-expansiv zu halten.
Der Euro bleibt bei 1,15 Franken kleben. Solange die EZB keine Beschlüsse vorlegt, die dahingehen, die Alimentierung der Staatsfinanzen einzustellen und das unsägliche Ankaufprogramm von Firmenanleihen aufzugeben, wird der EUR/CHF-Kurs keine großen Sprünge machen wollen. Erschwerend kommt die lahmende Wirtschaft hinzu. Die Konjunkturerwartungen für Euroland sind im Juni laut dem Beratungsunternehmen Sentix auf den niedrigsten Stand seit August 2012, dem Monat als Draghi sein Whatever-it-Takes verkündete, gefallen.
"In fünf Jahren wird es ein Erfolg gewesen sein, wenn Europa noch gleich stark integriert ist wie heute und das gleich hohe Wirtschaftswachstum aufweisen kann wie heute", sagt der frühere Chef der Deutschen Bundesbank und aktuelle UBS-Verwaltungsrat Axel Weber. Die Risse gehen mittlerweile bis nach Deutschland. Der Aktienkurs der Commerzbank, jener Bank, die vor allem mit dem Ausreichen von Krediten an den Mittelstand Geld verdient, ist seit Jahresbeginn 30% eingebrochen.
Die Kreditvergabe von Eurozonen-Banken an den Privatsektor hat in den letzten beiden Monaten die Erwartungen der Analysten verfehlt. Wegen des schwächeren Wirtschaftswachstum und der politischen Unsicherheiten in Italien, Spanien und demnächst wohl auch wieder in Griechenland sind der EZB die Hände gebunden. "Es gebe nichts, was ich mir vorstellen könnte, dass die EZB auf ihren Sitzungen stoppen könnte, nichts zu tun", sagt der Chef für Währungsstrategie von HSBC, David Bloom, im Interview mit CNBC.
Die Reformideen für die Eurozone seien "weitgehend versandet". Die Gräben zwischen den Euroländern blieben so groß wie eh und je, schreibt die Berner Zeitung. "Und nach wie vor zeichnet sich auch keine nachhaltige Lösung für die inneren Widersprüche ab. Die Schweiz muss deshalb immer mit plötzlichen und starken Aufwertungsschüben beim Franken rechnen", schlussfolgert der Redakteur. Der frühere Bundesbankchef Weber hält es für möglich, dass die nächste Eurokrise mindestens ein halbes Jahrzehnt dauern wird.
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Kompassnadel steht auf Euro-Krise
06.06.18
08:00