Alles steht und fällt mit deutschem Elefant im Euroaum
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Alles steht und fällt mit deutschem Elefant im Euroaum

Es geht hin und her: Der Euro scheitert über 1,15 zu steigen und fällt anschließend auf 1,1380 Franken zurück. Ende Oktober gab es bereits einen ähnlichen Rücksetzer. Dass der Wechselkurs so schwer prognostizierbar ist, hängt mit drei Dingen zusammen. Die meiste Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf den im Euroraum stehenden deutschen Elefanten.

1) Hohe Ausschläge an den Finanzmärkten
Die Volatilität, also das Auf und Ab der Kurse, steigt quer über alle Asset-Klassen hinweg. Am Aktienmarkt gab es einen roten Oktober. Der Ölpreis ist den letzten fünf Wochen 20% eingebrochen. Solche Kursschwankungen sind nicht ungewöhnlich. Sie werden als extrem wahrgenommen, weil es jahrelang wegen der konjunkturellen Expansion und der in das Finanzsystem eingespeisten Zentralbank-Billionen recht ruhig war.

Dass jetzt im späten Stadium des Konjunkturzyklus bei auslaufenden Stimulierungsmaßnahmen der Notenbanken die Kurse ausschlagen, ist vollkommen normal. Und der Euro-Franken-Kurs ist davor nicht gefeit. Ein Beispiel: Wenn die Schweizer Vermögensverwalter der Meinung sind, die Konjunkturparty ist vorbei, verkaufen sie Aktien/Staatsanleihen aus der Eurozone oder sichern ihr Euro-Assets über den Devisen-Terminmarkt ab (Hedging). Beides drückt den Euro-Franken-Kurs.

2) Kein Ende des Negativzins-Regimes
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in den letzten Wochen die Erwartungen an eine erste Leitzinserhöhung nach hinten verschoben. Die UBS rechnet nun damit, dass der Einlagenzins (aktuell: -0,40%) erst im Dezember 2019 auf -0,20% angehoben wird. Das könnte die größte Bank der Schweiz dazu veranlassen, ihre 1,20er-Prognose für den Euro-Franken-Kurs zu kassieren.

Weiterlesen: UBS steht tapfer zu 1,20er-Prognose

Als Draghi im Sommer 2017 einmal zeigen wollte, dass er auch etwas anderes als ultralockere Geldpolitik kann, und er die Erwartungen für eine Erhöhung des Einlagenzins auf Mitte 2018 vorverlegte, stieg der Euro-Franken-Kurs kräftig an.


3a) Alte Euro-Garde tritt ab
EU-Kommissionschef Juncker und EZB-Chef Draghi treten 2019 ab. Beide stehen dafür, dass man Geld mit der Notenpressen macht, um so den südlichen Euroländern Zeit kauft, Reformen durchzuführen. Dass das dann in Wirklichkeit dazu führt, dass Reformen zurückgedreht werden, so wie es jetzt in Italien geschieht, und der Schuss nach hinten losgeht, dürften die beiden "alten Füchse" gewusst haben.

Sie machten dennoch eine Staatsfinanzierung über die Notenpresse, obwohl so etwas bereits seit Anfang der Neunziger Jahre in der EU verboten ist. Juncker und Draghi wollten ganz sicher gehen, dass die französische Euro-Gegnerin Le Pen nicht gewählt wird und nach dem Motto Koste es, was es wolle verhindern, dass die Eurozone während ihren Amtszeiten beginnt auseinanderzubrechen. Beide Ängste haben sich im Nachhinein als übertrieben herausgestellt.

Die Nachfolger werden das Anrennen gegen ökonomische Realitäten aufgeben müssen und zugleich mit leisen Tönen von den Wackelkandidaten in der Eurozone wieder mehr Eigeninitiative abfordern. Das könnte durchaus gelingen, weil der Merkel-Widersacher Merz deutsche finanzielle Beiträge für einen Eurozonen-Haushalt und eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung unterstützt. Im Gegenzug müssten Italien und Spanien, aber auch Frankreich, die immer noch im internationalen Vergleich erschreckend hohe Arbeitslosigkeiten haben, dieses Problem angehen.

3b) Deutscher Elefant steht im Euroraum
Was die Hoffnung auf einen Anstieg des Euro-Franken-Kurses nährt, sind die anstehenden politischen Veränderungen in Deutschland. Angela Merkel werde bis zu den Europawahlen als Kanzlerin zurücktreten, sagt ihr ehemaliger Vizekanzler Sigmar Gabriel. Sollte der von den Finanzmärkten favorisierte Merz das Rennen um die Merkel-Nachfolge machen, dürfte der Euro gegenüber dem Schweizer Franken Boden gutmachen.

Am 7./8. Dezember 2018 ist CDU-Parteitag. Wird Merz zum CDU-Vorsitzenden gewählt, könnte das der Beginn einer mehrjährigen Aufwärtsbewegung des Euro-Franken-Kurses sein. Gewinnt die Merkelianerin Kramp-Karrenbauer, würde Deutschland weiter nur gerade so viel zu tun, dass der Euro über die Runden kommt. Die Lage ist durchaus vergleichbar mit der Anfang der 1980er-Jahre, als die wirtschaftspolitisch wenig erfolgreiche Schmidt-Regierung von Kohl abgelöst wurde.

Ende der 1970er Jahren war den Schweizern ihr Franken viel zu stark und sie intervenierten am Devisenmarkt, um ihn vorrangig gegenüber der Deutschen Mark (DM) abzuschwächen. Als Kohl Kanzler wurde und wirtschaftliche Reformen machte, atmeten die Schweizer auf. Die DM erholte sich. Merkel ist zwar in der CDU, sie hat aber bei der wirtschaftlichen Ausrichtung des Landes ähnlich schwere Fehler gemacht wie der SPD-Kanzler Schmidt. Merkel setzt zu sehr Exporte, Schmidt war zu einseitig mit der Binnennachfrage beschäftigt.

Die Entscheidung, die die CDU-Delegierten in wenigen Wochen treffen, ist von einer dermaßen großen Tragweite, dass sie den 4. Wechselkurs-Zyklus, in dem sich der EUR/CHF derzeit befindet, bis 2020-2022 verlängern kann. Dies würde bedeuten, dass der Euro-Franken-Kurs auf etwa 1,30 steigt, bevor er in den 5. Zyklus eintritt und es wieder bergab geht.

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