Einmal hü und einmal hott sagen, um zu sehen, wie die Finanzmärkte reagieren. Dieses Vorgehen wählt EZB-Chefvolkswirt Peter Praet und vergrößert damit noch einmal die Schwankungen des Euros, was die Privatwirtschaft weiter verunsichern wird. Der Belgier schickt den Euro-Dollar-Kurs mit 1,1210 auf den tiefsten Stand seit Mitte 2017. Der Euro-Franken-Kurs bleibt unter 1,14.
"Ein signifikantes Ausmaß an geldpolitischer Lockerung ist weiterhin erfordert", sagt Praet auf einer Konferenz in London. Weil sein Chef Draghi erst vor kurzem die Erwartungen auf eine erste Leitzinserhöhungen auf Ende 2019 nach hinten verschob, interpretieren Anleger die Äußerung als Indiz dafür, dass der Ankauf von Staatsanleihen nicht so heruntergefahren wird, wie bisher angenommen.
Das will Praet aber so nicht stehenlassen, und so setzt er sich nach seinem Redebeitrag in ein Fernsehstudio des Börsenkanals CNBC und spielt seine Bemerkungen runter. Um die unkonventionellen Maßnahmen (also den Ankauf von Staatsanleihen) weiterzuführen, müsse es ein signifikante Verschlechterung des Wachstums- und Inflationsausblicks geben. Er glaube nicht, dass es dazu komme.
Wenn sich Praet so sicher ist, warum macht er dann dieses Hü und-Hott? Die EZB ist schlichtweg nicht imstande die Konjunkturentwicklung sauber zu prognostizieren. Der Aufschwung, den die Eurozonen-Wirtschaft in den letzten Jahren genommen hat, beruht maßgeblich auf einer nie dagewesenen Flutung mit Zentralbankgeld. Es gibt keine Erfahrungen, was passiert, wenn man die Billiggeld-Droge absetzt.
Am wahrscheinlichsten ist, dass jener Teil des Wirtschaftswachstum, der auf die Staatsfinanzierung über die Notenpresse zurückgeführt werden kann, rückgängig gemacht wird. Das ist ein Grund, warum in den nächsten Jahren ein Wachstum in der Eurozone von 1,5-2%, wie es EZB und EU-Kommission prognostizieren, eine Illusion ist.
Brexit, Italien
Dass sich EU und Großbritannien auf ein Brexit-Austrittsabkommen einigen, ist ein schwaches Trostpflaster für den Euro. Man darf nicht vergessen, dass ein harter Brexit der Eurozonen-Konjunktur einen schweren Schlag versetzen würde. Großbritannien ist ein wichtiger Absatzmarkt für viele Euro-Nordstaaten. Es ist mitnichten so, dass die Briten die Hauptlast zu tragen hätten, wie Brüssel behauptet.
Geht dann das wirtschaftliche Schwergewicht Italien noch über die Wupper, kann die EZB wieder von vorne anfangen und es der Bank von Japan gleichtun. Deren Bilanzsumme ist inzwischen wegen des Ankaufs von Staatsanleihen größer als das japanische Bruttoinlandsprodukt (BIP).
In Rom ist man fest entschlossen die italienische Wirtschaft ein Sentiment-Schock zu verpassen. Italien wird im Budgetstreit mit der EU nicht nachgeben. Erst wenn der Zinsunterschied (Spread) zu Deutschland auf 4% steigt, darf man ein Einlenken erwarten. Aktuell liegt er bei 3%. Italiens Banken kämen dann wieder ins Schlingern, aus einem anvisierten Wirtschaftswachstum von 1,2% würden bestenfalls 0,2%.
Der Weg von einem Spread von 3% auf 4%, also das Crashen der italienischen Wirtschaft, dürfte etwa drei Monate dauern. Ein solche Bruchlandung stellt Abwärtsrisiken für den Euro-Franken-Kurs, die kurzfristig auch nicht egalisiert werden, sollte der wirtschaftsfreundliche CDU-Politiker Merz Anfang Dezember den Parteivorsitz von Angela Merkel übernehmen.
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Wer wird Crash Pilot: EZB oder Italien?
14.11.18
08:00