Am Devisenoptionsmarkt hat man die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass der vom früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble unterstützte Friedrich Merz die deutsche Bundeskanzlerin beerbt. Das einmonatige Risk Reversal für den EUR/CHF-Kurs, eine wichtige Kennzahl die große Bewegungen der Devisennotierung oft vorwegnimmt, ist seit Wochen stabil. Es würde auch mit Eurokursen von 1,15-1,16 Franken gut zusammengehen.
Schäuble und Merz zusammen mit dem CDU-Wirtschaftsrat und der in Umfragen unter 10% liegenden FDP sind Deutschlands letzte Euro-Falken. Ihnen stehen im regierungsfähigen Politikspektrum etwa doppelt so viele Euro-Tauben gegenüber. Die politische Linke und das Merkel-Lager finden es prima, dass es keine Zinsen und eine Weichwährung gibt, als dadurch auf den ersten Blick die Reichen mit ihren hohen Sparguthaben nicht reicher werden.
Tatsächlich ist es so, dass die kleineren Einkommensschichten mindestens genauso leiden und größeren Risiken ausgesetzt sind. Sie schmerzt auch, dass die EZB den Euro zum US-Dollar um 20% abgewertet hat. Dadurch verteuern sich nicht nur US-Dienstleistungen, von denen die Europäer nicht wenig beziehen. Auch Elektronikartikel aus Asien werden teurer. Ferner darf es nicht wundern, dass die Nutzung des Euros im Energiesektor und bei Rohstoffen sehr bescheiden ist.
Es sei unsinnig, dass 80% der europäischen Energieimporte in Dollar beglichen würden, wenn nur 2% aus den Vereinigten Staaten kämen – oder dass europäische Fluggesellschaften europäische Flugzeuge nicht in Euro, sondern in Dollar bezahlten, mokiert sich EU-Kommissionschef Juncker. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es jedoch sehr wohl ratsam den Euro mit der Kneifzange anzufassen.
Zu viel Geld gedruckt
Die EZB hat ihre Bilanzsumme im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung in etwa doppelt so stark aufgebläht wie die US-Notenbank (Fed). Das hat zu einem Überangebot von Euros auf dem Devisenmarkt geführt. Selbst die amerikakritischen Russen lassen sich mit diesen Konfetti-Euros für ihr Öl und Gas nur sehr widerwillig bezahlen. Hinzu kommt: Die, die etwas auf der hohen Kante haben, gehen aus dem Euro.
"Seit Frühsommer haben viele Italiener Angst vor dem Austritt Italiens aus dem Euro", zitiert cash.ch Holger Schmitz vom Schweizer Vermögensverwalter Schmitz & Partner. "Das ist der Hintergrund, warum viele reiche Leute aus Norditalien die kurzen Wege genutzt haben, ihr Geld zu Schweizer Banken zu bringen und dann auch aus dem Euro in Schweizer Franken umzutauschen."
Wird die Merkel-Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer CDU-Vorsitzende, verglüht das letzte Fünkchen Hoffnung, dass der Euro wieder eine Hartwährung wird. Deutschland wird dann seelenruhig dabei zusehen, wie Franzosen und Südeuropäer (der so genannte Anti-Freihandelsblock) den Euro weich machen. Sie sehen darin die Lösung, ihre wenig wettbewerbsfähigen Industrien von Legislaturperiode zu Legislaturperiode vor dem Absaufen zu bewahren.
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Bekommt der Euro eine Vitaminspritze aus Deutschland?
06.12.18
08:00