Parität oder 1,20? Ein Pro und Contra
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Parität oder 1,20? Ein Pro und Contra

Anfang Februar kostet der Euro 1,1450 Franken. Danach pendelt er wochenlang zwischen 1,13 und 1,14 und erleidet dann schließlich einen Rückschlag. Er sinkt in der vorletzten Märzwoche von 1,1370 auf 1,1210. Braut sich ein Gewitter zusammen? Purzelt der Euro nun unter 1,10 Franken und dann weiter auf die Parität? Oder geht es schon bald wieder nach oben?

"Wir erwarten einen Anstieg der Risikobereitschaft im Verlauf des ersten Halbjahres im Lichte eines Handelsabkommens (zwischen USA und China) und einem vernünftigen Brexit. Dies sollte (...) den EUR/CHF befestigen. Für eine größere Bewegung nach oben braucht es aber EZB-Unterstützung, die aktuell sehr weit entfernt scheint", steht im aktuellen Devisen-Research der Danske Bank.

Zinsfutures auf Eonia-Geldmarktsätze für den Euroraum zeigen, dass die EZB frühestens Mitte 2020 eine erste Leitzinserhöhung vornehmen wird. Österreichs Erste Group ist da optimistischer: "Wir bleiben bei unserer Einschätzung eines ersten Zinnsschritts im März 2020", schrieb das Geldhaus in einer Reaktion auf das neues EZB-Lockerungspaket Anfang März.

Kritische Fragen stellt man sich in der Finanzindustrie ungern:
  1. Wie kann es eigentlich sein, dass die Eurozonen-Wirtschaft gerade dann abschmierte, als die EZB ihre Nettoerwerb von Staatsanleihen Ende 2018 einstellte? Ist sie drogenabhängig von Notenpressen-Euros?
  2. Ist es nicht beängstigend, dass es nur zwei Monate dauerte, bis die EZB wie der Oskar aus der Mülltonne aus der Sesamstraße auftauchte und eine neue Bilanz-Aufblähung in Form von Langfristkrediten ankündigte?

"Erst wenn die EZB eine maßgebliche Wende ihrer Geldpolitik anzeigt, ergibt sich ein größerer Abwertungsspielraum für den Franken. Dies dürfte frühestens Ende des Jahres der Fall sein. Kurse über EURCHF 1,2000 halten wir langfristig als unwahrscheinlich", meint die Raiffeisenbank aus Salzburg.

Es ist keine zwei Jahre her, da hat der früherer Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der aktuelle Vizechef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, Philipp Hildebrand, dem Magazin Spiegel gesagt: "Europa hat die Aussicht auf ein goldenes Jahrzehnt". Das war sicherlich nicht dahingehend gemeint, dass der Goldpreis in Euro hochschießt, weil die EZB immer mehr Papiergeld druckt. Genauso könnte es aber kommen.

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"Macht es Ihre Politik des billigen Geldes Euro-Staaten wie Italien oder Frankreich nicht viel zu leicht, sich um unpopuläre Reformen zu drücken", fragte die Bild-Zeitung EZB-Chef Draghi vor drei Jahren. Die Antwort des Italieners: "Nein. Ob ein Land Reformen durchsetzt oder nicht, liegt nicht in erster Linie an der EZB und ihrer Politik."

Eine Fehleinschätzung, wie sich inzwischen herausstellte. Das zeigt auch ein Blick in die Schweiz: Als die SNB ihre Geldpolitik straffte, indem sie den Mindestkurs abschaffte und eine drastische Aufwertung des Frankens zuließ, hat sich etwas getan. Die Unternehmen mussten ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, die Berner Regierung hat diesen Prozess klug unterstützt.

Das Ergebnis: Die Schweizer Wirtschaft ist heute in einer exzellenten Wettbewerbsposition. Das Wachstum ist trotz, oder eben gerade wegen einer härteren Währung, höher als in der Eurozone. In der Eurozonen-Wirtschaft haben die Unternehmen wegen Weichwährung und Nullzinsen kein Anreiz die Wertschöpfungsleiter hochzuklettern. Es gibt keine Wirtschaftspolitik mit Weitblick. Weder in Deutschland, noch in Frankreich und Südeuropa.

Fazit:
Der Schweizer Franken kann sich nur deutlich gegen den Euro abschwächen, wenn sich die Schweiz ein Eigentor schießt. Es gibt da nur zwei Möglichkeiten, wobei man die zweite so gut wie ausschließen kann:
  1. Das Platzen einer Blase wegen einer Überhitzung des Schweizer Immobilienmarktes.
  2. Die SNB geht pleite, weil die von ihr gekauften Aktien und Anleihen massiv an Wert verlieren. Sollten die Aktienmärkte und auch die vermeintlich Sicheren-Häfen-Staatsanleihen aus Deutschland und Frankreich, die die SNB hält, einbrechen, hätte die Eurozone aber ein noch größeres Problem als die Schweiz, so dass eine Franken-Abschwächung nicht in Frage käme.