Nach seinem Whatever-it-Takes-Auftritt soll Mario Draghi umgehend Bundesbank-Chef Jens Weidmann angerufen haben und ihm den Alleingang gebeichtet haben. Warum? Deutschland ist der Hauptgrund, warum Draghis Geldpolitik jahrelang einigermaßen seriös rüberkam. Die Finanzmärkte lassen den Italiener zocken, weil er die enormen deutschen Ersparnisse und Exportüberschüsse als Faustpfand hinterlegt hat.
Es war eine Symbiose: Draghi liefert der Merkel-Regierung Niedrzigzinsen und einen weichen Euro, die das Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft erheblich ankurbelten. Bundesregierung und Bundesbank ließen Draghi in Sachen Risk Sharing und Umverteilung von Norden nach Süden schalten und walten.
EZB-Langfristkredite kombiniert mit negativen Zinsen seien eine Form von Form von Fiskaltransfer aus dem Norden in den Süden, zitiert Reuters den Ökonom Shweta Singh von dem Research-Haus TS Lombard. Banken im Süden der Eurozone bekämen subventionierte Barmittel, die die Geldhäuser im Norden durch Strafzinsen entrichten müssten.
Noch größer ist die Unwucht auf dem Staatsanleihen-Markt. So zahlen die ratingschwachen Euroländer Spanien und Italien für Kredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren nur etwas mehr als 1% Zinsen. Die USA müssen hingegen 2,6% entrichten. Das ist ein klares Indiz dafür, dass es die EZB mit ihrer Zockerei gegen Volatilität und der Manipulation der Finanzmärkte auf die Spitze getrieben hat.
Deutschlands Zeit an der Sonne geht gerade zu Ende. Dafür gibt es zwei Ursachen:
- Merkel hat die Wirtschaftspolitik arg vernachlässigt. Sie musste nicht tun, weil die Symbiose mit der EZB perfekt funktionierte. Es wäre kontraproduktiv gewesen, Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit durch eine Agenda 2020 wieder zu stärken, weil so der Abstand zu den Euro-Südländern noch größer geworden wäre. Darüber hinaus wären Merkels Wiederwahlchancen rapide gesunken, da solche Reformen einige Jahre Zeit brauchen, bis sie beginnen zu wirken.
- Mit Blick auf die internationale Bühne haben Merkel und ihre Wirtschaftsminister Altmaier die deutsche Wirtschaft in eine viel zu hohe Abhängigkeit von den USA und China geführt. Wenn man so sehr auf Exporte setzt wie es Deutschland tut, dann muss man diese sehr viel stärker diversifizieren. Das haben sie aber nicht gemacht. Die Bundesregierung spielt lieber den unaufrichtigen Moralapostel. Mit dem undemokratischen China macht man Geschäfte bis Scheckbuch und Sparbuch platzen, mit Autokraten kleinerer Länder nicht.
Wenn es Deutschland schlecht geht, so wie Anfang der 00er-Jahre, dann fällt der Euro-Dollar-Kurs schon einmal gerne unter die Parität. All jene, die jetzt sagen, dass sei doch ganz wunderbar, als der dann superweiche Euro die deutschen Exporte wieder ankurbelt, müssen enttäuscht werden. Denn die deutsche Wirtschaft ist händeringend auf Importe angewiesen. Deren kosten steigen von nun an überproportional und erodieren die Gewinnmargen.