Der Schweizer Franken kommt nach enttäuschenden Konjunkturdaten aus Europas größter Volkswirtschaft etwas zurück. Dies führt zu einem Rücklauf des EUR/CHF-Kurs von seinem am Vortag erreichten 6-Monatshoch bei 1,1475 auf 1,1380 sind. Handelt es sich um eine vorübergehende Korrektur, und holt das Devisenpaar womöglich nur Luft, um als nächstes über 1,15 zu steigen? Oder ist es der Anfang vom Ende der Rallye?
Deutschland war, ist und bleibt ein konjunktureller Wackelkandidat. Nachdem die Regierung in Berlin in der letzten Woche ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahre auf 0,5% halbierte, trübt sich die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen weiter ein. Der ifo-Geschäftsklimaindex fällt überraschend. Damit ist dieser wichtige Konjunkturindikator in sieben der letzen acht Monate gesunken.
So schnell lassen sich die Euro-Optimisten vom Devisenmarkt aber nicht vertreiben. Sie wetten darauf, dass die konjunkturelle Talsohle damit erreicht ist und es von nun an wieder aufwärts geht. Rückenwind bekommen sie vom Aktienmarkt, wo die Kurse munter weiter steigen. Regierungen und ihre Zentralbanken wollen mit hohen Aktienkursen das Wirtschaftswachstum ankurbeln.
"Die Zentralbanken müssen den Versuch, ihre Geldpolitik zu normalisieren, wieder aufgeben", stellt der Chef-Volkswirt Werner vom Vermögensverwalter Lazard Asset Management, fest. "Ein selbsttragender Aufschwung ohne Zentralbankgeld scheint nicht mehr möglich." Rick Rieder, Anlagechef beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, beschreibt derweil, wie die EZB künftig auch Aktien ankaufen könnte.
🔗ECB Stock Purchases Could Be Euro Zone’s Bold Move (Bloomberg, 23.04.19)
Früher haben Regierungen gerne über die Immobilienmärkte ihr Wachstum hochgezogen. Die Nachteile: Es dauert recht lange, bis ein vom Staat angefütterter Immobilienboom Wirtschaftswachstum liefert. Alsbald die Immobilienpreise wieder fallen, erstreckt sich die konjunkturelle Bremswirkung über Jahre. Inzwischen widmet man sich daher verstärkt den Aktienmärkten.
Notenbanken liefern Anlegern Papiergeldgewinne, die Verbraucher euphorisieren, Manager in Übermut (Hybris) schwelgen lassen und so das Wachstum unmittelbar ankurbeln. Ein US-Aktienanstieg um 10% bedeute 1% mehr Wachstum, hat der frühere Chef der US-Notenbank (Fed), Alan Greenspan, gerade vorgerechnet. Anders als bei Immobilien können Zentralbanken gegen sinkende Aktienkurse mit ihren Notenpressen angehen.
🔗Das Vermächtnis Monsantos – Investoren attackieren Bayer-Chef (HB, 24.04.19)
Das Hochhalten von Risikobereitschaft und Anlegergier durch Notenbanken, der US-Regierung und demnächst wohl auch den europäischen Regierungen dämpft den Bedarf an Sicheren Häfen. Der Schweizer Franken ist daher angeschlagen. Er ist gerade gegen den US-Dollar auf den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren gefallen. Gegenüber dem Euro ist der Franken so schwach unterwegs wie seit einem halben Jahr nicht mehr.
Weil die Gier an den Aktienmärkten momentan extrem hoch ist, spricht vieles dafür, dass der Euro sein bisherige Höchstmarke bei 1,1475 Franken noch einmal übertrifft. Allerdings ist das Spiel noch nicht so weit fortgeschritten, dass die Notenbanken bereits bei sich andeutenden Aktien-Kurskorrekturen unmittelbar eingreifen. Käme eine solche Korrektur, wäre der Euro sehr schnell wieder bei 1,12 Franken.
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EUR/CHF euphorisiert: Geht das gut?
25.04.19
08:00