Man kann die Prognosen der Banken rauf und runterlesen: Der Euro wird steigen, weil die EZB 2020 beginnen werde die Zinsen raufzusetzen, heißt es darin zumeist. Das ist längst kalter Kaffee. Das Gerücht funktioniert vielmehr in die andere Richtung, also zu Gunsten des Schweizer Franken. Die Bundesbank macht sich Sorgen, dass es mit den Zinsen weiter runtergeht.
Bei dem von Mario Draghi ins Gespräch gebrachten Staffelzins (Mitigating Measure) handelt es sich um ein trojanisches Pferd. Auf den ersten Blick wäre den ertragsschwachen Eurozonen-Banken geholfen, würden sie vom EZB-Negativzins befreit. Das Problem sind die Gerüchte, die mit der Einführung, aber auch der Nicht-Einführungen, eines Staffelzins ins Kraut schießen.
Man sollte auf jeden Fall vermeiden, dass Staffelzinsen als "Türöffner für weitere Zinssenkungen" verstanden würden, warnt Bundesbank-Vorstand Sabine Mauderer im Handelsblatt. Ferner gilt: Bekommt Draghi seinen Staffelzins nicht, dürfte er bei der Vergabe der nächsten Langfristkredite (TLTRO) noch einmal so richtig Zahnpasta aus der Tube drücken.
Der EZB-Rat wird in der nächsten Woche über die Konditionen für die nächste Tranche der TLTRO's entscheiden. Vieles spricht dafür, dass man sehr großzügig sein wird. Die Konjunktur in der Eurozone darbt vor sich hin. Die Einkaufsmanager-Daten fallen nach wie vor schwach aus. Ein neuer Aufschwung ist nicht in Sicht.
"In der Industrie wird es wahrscheinlich zu Entlassungen kommen, weil mehr Unternehmen die Zahl ihrer Beschäftigten reduzieren als erhöhen wollen", sagt der deutsche ifo-Konjunkturchef Klaus Wohlrabe. Den laut Einkaufsmanager-Daten weiterhin recht guten laufenden Dienstleistungssektor dürfte es dann erwischen. "Viele Dienstleistungen werden ja im Umfeld der Industrie erbracht", so Wohlrabe.
Sozialdemokratie gefragt
Aktuell gibt es lediglich ein gutes Gerücht für den Euro: Wenn Draghi im Herbst aus dem Amt scheidet, könnte das zumindest ein Überdenken der radikalen Geldpolitik bedeuten. Denn die EZB hat sich schuldig gemacht, was der renommierte Anleihexperte Mohamed El-Erian im Interview mit der Schweizer Handelszeitung so beschreibt:
"Aber wenn Zentralbanken Vermögenswerte hochdrücken, die den Reichen gehören, dann vermittelt das die Wahrnehmung, dass die Zentralbankpolitik nur den Reichen dient."
Das Checks-und-Balance-System zwischen Konservativen und Sozialdemokraten funktioniert nicht mehr, weil Parteien wie die deutsche SPD voll und ganz hinter dem stehen, was Draghi macht. Sie unterstützen damit einen Kurs, der die Reichen reicher macht, während ihre eigene Leute und früheren Stammwähler immer stärker (z. B. durch höhere Mieten) zur Kasse gebeten werden.
Sollte hier ein Umdenken bei den nordeuropäischen Sozialdemokraten stattfinden - bei den südeuropäischen Sozialisten inklusive Frankreich wird es ganz sicher kein Umdenken geben - dann wäre das doch zumindest eine kleine Chance für den Euro: Die ungewählten EZB-Professoren würden darauf reagieren müssen, der Euro könnte dann verlorenes Terrain gegenüber dem Schweizer Franken zurückerobern.