Der Euro steht dank Wechselkursbemerkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kurz davor über 1,10 Franken zu steigen. "Für die Schweiz sind die Negativzinsen absolut nötig und essenziell", sagt Andrea Maechler. Um eine für die Wirtschaft schädliche Aufwertung des Frankens zu verhindern, müssten die Zinsen in der Schweiz niedriger sein als anderswo, so die SNB-Direktorin. Tatsächlich zeigen die letzten zwanzig Jahre: Die kontinuierliche Aufwertung des Frankens war ungemein wirtschaftsfreundlich.
Geht alles glatt und bleiben die Euro-Käufer am Drücker, steigt der EUR/CHF-Kurs heute auf 1,1050-1,11. Es wäre das dritte Tagesplus in Folge. Devisenhändler warten auf neue Nachrichten über den Brexit gegen Abend. Zuvor kommt der US-Arbeitsmarktbericht. Auf den ersten Blick hat der EUR/CHF-Kurs zwar nichts mit den USA zu tun. Sollte die Beschäftigungszahlen jedoch über den Erwartungen liegen, könnte der Dollar-Franken-Kurs (USD/CHF) über die Parität steigen und den EUR/CHF mit nach oben nehmen.
Nix da weicher Franken
Angesichts der Aussagen von Andrea Maechler kann man den Eindruck gewinnen, die Schweizerische Nationalbank (SNB) wolle den Frankenkurs einfrieren. Tatsächlich beruht der Erfolg der Schweizer Wirtschaft auf einer kontinuierlichen Aufwertung des Frankens. Dadurch werden Unternehmen gezwungen Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft hochzuhalten. Das Ergebnis sind qualitativ hochwertigere Produkte und Dienstleistungen, für die man höhere Verkaufspreise erzielt. Die Franken-Aufwertung fällt dann nicht mehr ins Gewicht.
Und so gilt es zwischen den Zeilen zu lesen: Die SNB-Direktorin sagt nicht, generell sei eine Aufwertung des Frankens abzulehnen. Es geht ihr vielmehr darum wirtschaftsschädliche Aufwertungen zu verhindern. Hierunter fiele beispielsweise ein Absacken des Euro-Franken-Kurs in wenigen Wochen von 1,10 auf 1,05. Bisher ist die Abwertung des Euros aber ziemlich geordnet verlaufen. Für den Euro gab es zu Jahresbeginn 1,12 Franken, aktuell sind es knapp 1,10. Mit dieser Franken-Aufwertung um 1,7% kommen Schweizer Unternehmen problemlos klar.
Bei der Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung 2002 kostete der Euro 1,49 Franken. Die Schweizer Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP) belief sich seinerzeit auf 300 Milliarden US-Dollar. Heute ist der Euro bei 1,10 Franken und damit 26% schwächer. Das Schweizer BIP liegt hingegen bei knapp 700 Milliarden Dollar. Es lässt sich mit Fug und Recht behaupten: Wären Schweizer Politik und SNB ein Weichwährungsmodell nach dem Vorbild Frankreichs und Italien gefahren, hätte man das BIP nicht so kräftig steigern können.
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