Der Euro fällt überraschend auf 1,09 Franken. Das ist der tiefste Stand seit einem Monat. In der Eurozone läuft es eigentlich ganz gut. Die Konjunkturerwartungen steigen kräftig. Gleiches gilt für die Aktienmärkte. Dem Dax fehlen weniger als 200 Punkte für ein neues Allzeithoch. Trotzdem lässt der Euro Federn. Ein französischer EZB-Banker schwenkt zurück auf den radikalen Draghi-Kurs. Und dann sind da noch Trumps EU-Autozölle.
"Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland steigen im November 2019 sehr stark an.[...] Die Erwartungen der Finanzmarktexperten/-innen an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone steigen ebenfalls ganz erheblich", meldet das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Dax und Euro Stoxx 50 kletterten seit dem Beginn des 4. Quartals 2019 um 8-11% nach oben. Solche Anstiege wären ohne konjunkturellen Rückenwind kaum möglich.
Notenbanker mit Teflonbeschichtung
Frankreichs EZB-Vertreter Benoit Coeure ist ein Wackelpudding, der sich nicht an die Wand nageln lässt. Nach einschlägigen Medienberichten soll Coeure gegen die Wiederaufnahme der Staatsanleihenkäufe gewesen sein, genauso wie sein Landsmann, Banque-de-France Chef François Villeroy de Galhau. Dass sich die beiden aber tatsächlich von der radikalen Draghi-Politik abwenden, dazu kommt es freilich nicht.
Die EZB werde die Anleihenkäufe so lange wie nötig fortsetzen. Erst kurz bevor sie beginne, ihre Leitzinsen zu erhöhen, würden die Käufe beendet, sagt Coeure. De Galhau dürfte sich demnächst ähnlich äußern. Derweil wird bekannt, dass die Inflation in Deutschland im Oktober auf den tiefsten Stand seit anderthalb Jahren sank. Damit bekommen die radikalen Tauben im EZB-Rat frische Munition.
Weiterlesen: Euro geht runter auf 1,07 Franken, sagt UBS
Draghi konnte die Wiederaufnahme der Staatsanleihen-Käufe gegen die französischen EZB-Vertreter durchsetzen, weil er natürlich auch Stimmen aus Malta und Zypern hinter sich hatte. Das letzte große EZB-Lockerungspaket im September wurde durchgeboxt, obschon die Draghi-Supporter im EZB-Rat nicht die Mehrheit der Eurozonen-Bevölkerung auf sich vereinten. Ein einmaliger Vorgang.
Autozölle, True-Safe-Haven
Börsianer gingen fest davon aus, dass US-Präsident Trump keine Strafzölle auf EU-Importwagen verhängt. Hintergrund waren entsprechende Aussagen von US-Handelsministers Ross und Ex-EU-Chef Juncker. Doch nun deutet sich an, dass Trump die Entscheidung über die Einführung von Autozöllen nur verschieben wird. Das wäre ein Rückschlag. Auch kündigt Trump an, noch mehr Zölle gegen China verhängen zu wollen, käme das Phase-1-Handelsabkommen nicht zustande.
Der Schweizer Franken sei ein "True Safe Haven", sagt der Devisenexperte Jonathan Cavenagh von JPMorgan Chase im Interview mit Bloomberg. Er verweist darauf, dass japanische Anleger mit ihren dicken Geldbörsen weiterhin kräftig im Ausland investierten, weshalb der ebenfalls als Sichere Hafen wahrgenommene Yen nicht so stark aufwerten dürfte. Der Franken könnte im Gegenzug mehr Sichere-Häfen-Zuflüsse aus dem Ausland abbekommen.
Man sollte nicht vergessen: Der Euro ist für die meisten Schweizer ein rotes Tuch. Und das, nicht die internationalen Kapitalzuflüsse in die vermeintlich sichere Schweiz, führt dann im Endeffekt dazu, warum der Euro sich so ungemein schwer tut gegenüber dem Schweizer Franken zuzulegen.