Jetzt ist Lagarde EZB-Chefin und Jordan geht auch gleich in Deckung: "Die Phase der tiefen Zinsen könnte noch länger anhalten, und auch eine weitere Lockerung der Geldpolitik ist unter Umständen notwendig", sagt Jordan in einem Interview mit "NZZ am Sonntag". Die Reaktion des Devisenmarktes: Keine. Der Euro-Franken-Kurs kann sich aktuell mit Ach und Krach über 1,10 halten.
Der Euro hat sich zwar in den letzten zwei Monaten gegenüber dem Schweizer Franken erholt. Er kletterte vom einem 28-Monatstief bei 1,0810 Franken auf 1,1060. Dem Anstieg fehlte es aber an Dynamik. Das liegt auch daran, dass der Euro nicht an die 200-Tage-Linie ran, geschweige rüber kommt. Solange er darunter ist, ist es ein Schwimmen gegen den Strom. Alsbald dem Euro die Kräfte ausgehen und er eine Pause braucht, wird er zurückgetrieben.
Schweizer Banken wünschen sich, dass Jordan nicht Lagardes Bettvorleger wird. Sie verweisen auf Schweden und Norwegen. Dort haben sich die Notenbanken bereits auf den Weg gemacht, die Null- und Negativzinsen zu beenden. Doch Jordan wiegelt ab: Würde die SNB den Leitzins jetzt anheben, würde daraus ein stärkerer Franken resultieren. "Die Arbeitslosigkeit würde steigen."
Schwedens Notenbank sieht zwar auch die Gefahr einer Konjunkturabkühlung bei einer Straffung der Geldpolitik. Um aus den Negativzinsen herauszukommen, hält Riksbank-Chef Stefan Ingves diese Risiken aber für akzeptierbar. "Wir sind uns bewusst, dass viele negative Zinsen seltsam finden", sagt Ingves. Und auch Jordan räumt ein: "Wir haben nie infrage gestellt, dass es Nebenwirkungen gibt."
Auswirkungen auf EUR/CHF-Kurs
Jordan setzt darauf, dass es seine Schweiz am längsten mit den Negativzinsen aushält. Derweil tut sich etwas bei der EZB. Es sind nicht mehr nur die Falken wie Bundesbankchef Weidmann oder OeNB-Chef Holzmann, die die Negativzinsen kritisieren. Selbst geldpolitische Tauben kommen zu dem Ergebnis, dass Negativzinsen nicht so toll sind. Italiens Notenbankchef, Ignazio Visco, hat sich zuletzt skeptisch über sie geäußert.
- Geht Jordans Pokerspiel auf, wird die EZB von den Negativzinsen Abstand nehmen. Er könnte dann mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung den EZB-Ausstieg per Copy-Paste übernehmen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Schweizer Franken würde in einem solchen Szenario schwächer. Der Euro hätte eines seiner wenigen Ausreißer-Jahre.
- Anders sähe es aus, würde Lagarde den Kopf in den Sand stecken und bei den Zinsen keinen Handlungsbedarf sehen. Der Euro würde dann wohl gegen den Schweizer Franken seine "natürliche Abwertung" von 1,5-2% pro Jahr fortsetzen.