Dem Euro läuft die Zeit davon, um aus guten Vorgaben von den Finanzmärkten und der geopolitischen Bühne Kursgewinne gegen den Schweizer Franken herauszuschlagen. So nimmt die Devisennotierung achselzuckend hin, dass die USA und China einen Abbau der gegenseitig erhobenen Strafzölle vereinbaren. Auch ein überraschend deutliches Auftragsplus in der deutschen Industrie bringt kein Wind unter die Flügel.
In den letzten vier Wochen bewegte sich der Euro in einem sehr engen Kursband zwischen 1,0980 und 1,1060 Franken. Da hätte eigentlich mehr nach oben gehen müssen. Schaut man, was die Devisenexperten der Banken mit Blick auf den EUR/CHF-Kurs noch vor wenigen Monaten analysierten, müsste der Euro aktuell zwischen 1,12-1,15 Franken sein.
Gebetsmühlenartig wiederholten die Auguren, dass es eine Befriedung des Handelskriegs zwischen den USA und China brauche. Eine solche Entwicklung hat es in den letzten Wochen gegeben. Heute meldet dann der Finanzdienst Bloomberg, dass die beiden Seiten vereinbart hätten, ihre Strafzölle zurückzunehmen. Die Aktienmärkte steigen daraufhin munter weiter. Der Euro-Franken-Kurs bleibt stehen.
Kommt noch was?
Der Euro lässt sich auch nicht von einem unerwartet starken Auftragszuwachs in der deutschen Industrie zu einem Anstieg hinreißen. "Aus dem Verlauf der Ordereingänge im Verarbeitenden Gewerbe ergibt sich eine eher günstige Ausgangsposition für das Jahresschlussquartal. Auch haben sich die zurückhaltenden Geschäftserwartungen zuletzt etwas aufgehellt", kommentiert das Wirtschaftsministerium in Berlin.
Noch sollte man die Hoffnung auf einen Anstieg des Euros auf 1,12-1,15 Franken nicht begraben. Am Devisenoptionsmarkt hat sich die Stimmung gegenüber dem Euro gerade etwas aufgehellt. Würde die neue Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, eine weniger radikal anmutende Geldpolitik als ihr Vorgänger betreiben, und es Konjunkturprogramme auf Pump geben, hätte der Euro doch noch eine Chance zu steigen.
Weiterlesen: Mit Konjunkturprogrammen ist für EUR/CHF 1,15-1,20 drin
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die von Deutschland angeführten Ausgabenprogramme erst kommen, wenn sich die Konjunktur weiter eintrübt. Der Euro-Franken-Kurs würde während des Abschwungs erst einmal fallen. Pumpen die Regierung dann Geld, müsste die Devisennotierung von einem tieferen Niveau bei 1,08 oder 1,06 eine Aufwärtsbewegung starten. Das Anstiegspotenzial wäre auf 1,10-1,12 begrenzt.
Fazit:
Anders als in den USA haben sie in der Eurozone noch kein System installiert, in dem sich Politik und Notenbanker gegenseitig die Bälle zuspielen. Als Trump seine Steuersenkungen und Ausgabenprogramm machte, nahm sich die US-Notenbank (Fed) eine Pause. Inzwischen ist die Wirkung der Steuersenkungen weitgehend verflogen, und so stimuliert die Fed wieder die Konjunktur.