Aktuell gibt es für 1 Euro 1,07 Franken. Zu Jahresbeginn waren es noch 1,09. Die Gemeinschaftswährung hat sich im laufenden Jahr bereits um 1,8% abgeschwächt. Das ist insofern bemerkenswert, als der Euro im langfristigen Mittel jedes Jahr 2% verliert. Diese Vorgabe hat er bereits nach fünf Wochen so gut wie erreicht.
Die EUR/CHF-Prognosen sämtlicher Großbanken liegen zum jetzigen Zeitpunkt daneben. Eine Rarität. Im Mittel rechnen Geldhäuser wie Deutsche Bank, Morgan Stanley, Bank of America etc. für Ende 2020 mit einem Wechselkurs von 1,13, wie aus einer Bloomberg-Umfrage hervorgeht:
- Die niederländische ING Bank hat sogar 1,20 veranschlagt.
- Die Barclays Bank ist mit 1,08 der pessmistischte Augur. Selbst ihre Prognoses wird vom aktuellen Kurs unterboten.
"Die Eurozone wird es 2020 schwer haben ein Wachstum von 1% zu erreichen", sagt der Chefökonom Chris Williamson vom Institut IHS Markit. Er verweist dabei auf Einkaufsmanager-Daten. Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,1%, die EU-Kommission mit 1,2%. Hierbei handelt es sich um optimistische Prognosen am oberen Spektrum.
Laut der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wird es die eidgenössische Wirtschaft 2020 auf ein Wachstum zwischen 1,5% und 2% bringen. Das der Berner Regierung unterstehende Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) erwartet einen BIP-Anstieg von 1,7%. Es ist diese Outperformance der Schweiz, die den Euro gegenüber dem Schweizer Franken absacken lässt.
Dass die Eurozone geschönte Wachstumsprognosen bekommt und die Schweizer Konjunktur zu schwach eingeschätzt wird, zeichnet sich bereits seit Oktober 2019 ab.
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Wer einen stärkeren Euro auf Sicht von zwölf bis 24 Monaten möchte, muss aktuell paradoxerweise darauf hoffen, dass der EUR/CHF-Kurs auf 1,05 oder weiter fällt. Dadurch geriete die stark exportabhängige Schweizer Wirtschaft womöglich etwas in die Bredouille. Ihr Wachstum könnte sich auf unter 1,5% verlangsamen.
Und nun hätte der Euro die Möglichkeit merklich anzuziehen. Mehr als 1,10 Franken wäre aber auch jetzt nicht drin. Ferner muss man damit rechnen, dass die Schweizer Exporteure den Hartwährungseffekt aushalten und sich das Wachstum nicht verlangsamt. Es sei in diesen Zusammenhang an den Anstieg des Euros auf 1,50-1,60 US-Dollar in der ersten Hälfte 2008 erinnert.
Das Wachstum der deutschen Wirtschaft hatte das seinerzeit nicht beeinträchtigt. Oft wird außer Acht gelassen, dass eine Hartwährung die Importkosten der Unternehmen spürbar verringert. Darüber hinaus geht die Nachfrage nach hochqualitativen Gütern wegen eines höheren Verkaufspreises nicht schlagartig zurück.