Kann den Euro überhaupt irgendetwas stoppen?
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Kann den Euro überhaupt irgendetwas stoppen?

Die Schweiz ist mit ihrem erfolgreichen Wirtschaftsmodell, den niedrigen Staatsschulden und ihrer politischen Neutralität eine Konstante. Die Eurozone wechselt wie ein Chamäleon häufig die Farbe. Aktuell dominiert Optimismus. Das Virus zieht ab. Der nigelnagelneue EU-Wiederaufbaufonds und eine mit Geld geflutete Wirtschaft und Finanzsystem bleiben. Die Credit Suisse sieht den EUR/CHF auf 1,10 steigen.

Für Franken-Fremdwährungskreditnehmer ist der Anstieg des Euros von 1,0498 auf 1,0820 Franken (+3,07%) eine gute Sache. Schweizer Exporteure mit Euro-Umsatzerlösen tauschen diese zu einem höheren Kurs zurück. Auch sie profitieren. Einkaufstouristen aus der Schweiz, die ins benachbarte Deutschland oder Österreich fahren, müssen drei Prozent mehr bezahlen. Sie sind die Verlierer der jüngsten Euro-Aufwertung.

Was früher oder später wieder auf die Tagesordnung kommt und den Euro dann auch belasten wird, sind die hohen Defizite und Staatsschulden. Griechenland ist mit seiner Schuldenquote bei 200% des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Italien marschiert auf 150% zu, Portugal auf 140%, Spanien und Frankreich auf 120%. Für den Euro ist das problematisch.

Stark steigende Schulden verhindern höhere Zinsen. Im Zweifel wird die Europäische Zentralbank (EZB) deswegen die Zinsen unten lassen, auch bei einem Inflationsschub. Sollte die Inflation über die Zielmarke von 2% anziehen, wird die EZB sagen:

"Wir haben jetzt ein Jahrzehnt eine Inflation von deutlich unter zwei Prozent gehabt. Nun machen wir mehr als zwei Prozent und erreichen so im langjährigen Mittel unser Inflationsziel."

Damit ist die Lage anders als 2018: Damals kletterte der Euro auf 1,20 Franken. Der Anstieg wurde seinerzeit von Spekulationen über ein schnelles Ende der Anleihenkäufe (QE) und unmittelbar folgenden Leitzinserhöhungen untermauert. Aus letzterem wurde nichts. Und so stand schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie fest: Die Eurozone ist dauerhaft im Null- und Negativzinsmodus.

EUR/CHF auf 1,10, sagt Credit Suisse


Momentan spielt das für den Euro-Franken-Kurs aber keine Rolle. Die Credit Suisse empfiehlt den Euro kaufen: Kursziel: 1,10 Franken. Laut der zweitgrößten Bank der Schweiz sollten die heimischen Exporteure mit Euro-Umsatzerlösen somit noch etwas warten. Steigt der Euro tatsächlich auf 1,10 Franken, bekämen sie fast 5% mehr.

In der kurzen Sicht fokussiere man sich auf den EU-Wiederaufbaufonds. Dieser sei sehr wichtig für den Euro-Franken-Kurs, zitiert fxstreet.com das Research der Credit Suisse. Die Bank empfiehlt die Buy-the-Dip-Strategie vom Aktienmarkt. Geht die Devisennotierung etwas runter, sollte man die niedrigeren Kurse nutzen, um den Euro zu kaufen.

Linienchart EUR/CHF-Kurs Anfang Juni 2020: Spike and Channel Formation mit Verkaufsignal

Aktuell notiert der Euro bei 1,0780 Franken. Er liegt damit etwas unter seiner Höchstmarke vom Vortag bei 1,0820. Der Rücklauf dürfte sich noch ein bis zwei Handelstage fortsetzen. Hintergrund ist eine so genannte Spike-und-Channel-Formation.
  1. Den Spike gab es am 2. Juni 2020, als der Euro in einer schnellen Bewegung von 1,0685 auf 1,0760 Franken hochmaschierte.
  2. Es folgt der Channel (Trendkanal). Dieser führte den Euro bis zum späten Abend des 3. Juni auf 1,0820 Franken.
Was als nächstes kommt, ist ein Rücklauf zum Beginn des Channel. Der Eurokurs wird daher auf 1,0740 Franken sinken (Wahrscheinlichkeit: 80%). Anschließend schlägt die Stunde der Buy-the-Dip-Strategy der Credit Suisse.