"EUR/CHF kletterte beinahe auf 1,0800. Für mehr reicht es aber noch nicht", kommentiert die St.Galler Kantonalbank. Die Europäische Zentralbank (EZB) fordere ein entschlossenes Handeln der Politik im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, streicht die Aargauische Kantonalbank heraus.
Noch wird gestritten und nicht entschlossen gehandelt. Im Zentrum dieses Streit steht eine Bemerkung von Österreichs Bundeskanzler. Es dürfe kein Geld aus dem Wiederaufbaufonds geben, wenn die Milliarden nicht "Hand in Hand gehen mit notwendigen Reformen in Staaten, die schlicht und ergreifend in ihren Systemen kaputt sind oder große Probleme haben, sagte Sebastian Kurz am Freitagabend.
Der Devisenmarkt ist zu diesem Zeitpunkt noch geöffnet. Die Einschätzung des Kanzlers, dass die südlichen Nachbarn in ihren Systemen kaputt sind, verbreitet sich wie ein Lauffeuer in der Presse und den sozialen Medien. In Südeuropa ist die Empörung groß. Der niederländische Premier Mark Rutte, ein Verbündeter von Kurz, legt nach. Er fordert ein Veto für sein Land bei der Auszahlung der Hilfsgelder.
USA wollen starken Franken
Um den Franken während der Corona-Pandemie nicht zu sehr erstarken zu lassen, hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in den letzten Monaten immer wieder Euro gekauft. Das ruft das US-Finanzministerium mit seiner Währungsmanipulator-Watchlist auf den Plan. "Wir schätzen, dass die SNB 40 Milliarden Dollar zu ihren Währungsreserven hinzugefügt hat. Dies würde die 'Watchlist'-Bedingungen erfüllen", sagt Michael Cahill von Goldman Sachs.
Die Berner-Regierung, Notenbankchef Thomas Jordan und seine Direktoriumskollegen weisen entschieden zurück, Währungsmanipulator zu sein. Sie kämpfen, wie ihre deutschen Kollegen, in Washington gegen Windmühlen. Deutschland hat einen sehr großen Exportüberschuss. Die USA erkennen aber nicht an, dass der hohe Überschuss Ergebnis eines von der EZB runtermanipulierten Euro ist.
Im EZB-Rat, wo die Weichwährungsbeschlüsse (QE, Negativzinsen) gefasst wurden, hat Deutschland kein Vetorecht. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat unlängst vergeblich versucht, der EZB auf die Finger zu klopfen.
Gleichwohl gäbe es die theoretische Möglichkeit, dass Berlin sagt, man zahle auf vom deutschen Staat ausgegebene Bundesanleihen trotz negativer Verzinsung einen positive Zins. Ein solcher Alleingang würde den Euro aufwerten lassen, die Eurozone aber sprengen. Denn die Zinsen in Italien und Spanien würden merklich anziehen, die Staatsschulden gerieten komplett außer Kontrolle.
Aufgrund drohender US-Sanktionen ist davon auszugehen, dass die SNB ihren inoffiziellen Mindestkurs bei 1,05, den sie vom März bis Mai 2020, erfolgreich verteidigte, nach unten anpassen dürfte. Noch ist es freilich nicht so weit. Schweizer Offizielle hoffen, dass Österreich und die Niederlande bei den geplanten Finanztransfers für die Euro-Südländer einlenken.
Die Aussicht auf ein 750 Milliarden Euro schweres Wiederaufbauprogramm zusammen mit sinkenden Infektionszahlen in Europa hat den Euro in den letzten Wochen merklich geholfen. Die SNB konnte sich zurücklehnen. Es besteht natürlich die Gefahr, dass sich das Blatt wieder wendet und der Devisenmarkt einmal mehr der Schweiz auf den Zahn fühlt.