Der Euro geht aufs Sprungbrett, und so steht der EUR/CHF-Kurs davor ein zweites Mal auf 1,09 zu steigen. Aktuell gibt es für 1 Euro etwas mehr als 1,06 Franken. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) muss im Herbst noch einmal ran. Denn auch der inoffizielle Euro-Mindestkurs bei 1,05 Franken wird aller Voraussicht nach einem zweiten Test unterzogen.
"Der Schweizer Franken bleibt deutlich überwertet. Mit ihrer politischen Neutralität und der soliden Wirtschaft ist die Schweiz als sicherer Hafen stark gefragt", kommentiert die Deka Bank aus Deutschland. Der EU-Wiederaufbaufonds sei ein positives Signal für die Finanzmärkte, sagt die Berenberg Bank. Beide Geldhäuser erwarten einen stärken Euro. Laut ihren Prognosen wird der Eurokurs binnen Jahresfrist auf 1,09-1,11 Franken zulegen.
Bislang fühlt sich der Euro-Franken-Kurs an der Unterseite wohler als an der Oberseite. Zwischen März bis Mai 2020 fiel die Devisennotierung mehrmals auf 1,05. Daraufhin griffen die Schweizer Währungshüter ein. Sie druckten Franken und tauschten sie gegen Euros. Diesen Euro-Stützungskäufen ist es zu verdanken, dass die Devisennotierung nicht weiter abrutschte.
Umgekehrt konnte sich der Euro nur wenige Stunden über 1,09 Franken halten. Am 5. Juni kletterte er im Intraday-Handel kurz auf ein 6-Monatshoch bei 1,0915 Franken und fiel umgehend zurück. Die Asymmetrie zwischen dem Verhalten des Euro-Franken-Kurses an der Oberseite und Unterseite ist ein Warnsignal. Auch Marktbeobachter, die der Charttechnik und Price Action skeptisch gegenüberstehen, müssen das ernstnehmen.
Die Euro-Optimisten haben aber einen Punkt, wenn sie auf den steilen Anstieg auf 1,09 verweisen und sagen: "Die Rallye war so kräftig, da wird noch einmal etwas nachkommen." Demzufolge würde der Euro erneut auf 1,08-1,09 Franken klettern, da viele Marktteilnehmer beim letzten Mal zu kurz kamen. Als es für 1 Euro plötzlich 1,09 Franken gab, war ihnen der Euro zu teuer. Bei Kursen von 1,06 sind sie hingegen bereit, zu kaufen.
Danach dürften die Euro-Verkäufer die Oberhand zurückgewinnen. Der Euro-Franken-Kurs sinkt auf 1,05. Nun wird die Interventionsbereitschaft der Schweizerischen Nationalbank (SNB) einem weitern Test unterzogen. Besteht sie ihn, schlägt das Pendel wieder nach oben aus. Am Jahresende dürfte der Eurokurs somit bei 1,07 Franken stehen.
Der Euro hätte dann um 1,8% gegenüber dem Schweizer Franken abgewertet. 2020 wäre trotz Corona-Pandemie ein stinknormales Jahr für den Euro-Franken-Kurs gewesen.
EUR/CHF-Ausblick 2020: Nochmal rauf auf 1,09
06.07.20
06:53