Mit einer Wahrscheinlichkeit von über 95% haben wir das Jahrestief oder das Jahreshoch beim Euro-Franken-Kurs bereits gesehen. Das ist eine extrem wertvolle Information für Schweizer Unternehmen mit Euro-Eingängen, Franken-Fremdwährungskreditnehmer und Einkaufstouristen.
Beispiele für EUR/CHF-Kursentwicklung nach oben offen:
Könnte der Euro im Sommer über das Hoch vom 5. Juni 2020 bei 1,0915 Franken steigen, läge die Wahrscheinlichkeit bei über 95%, dass am 18. Mai bei 1,0498 das Jahrestief markiert wurde. Kleine und mittlere Schweizer Unternehmen (KMU) mit Euro-Umsatzerlösen, die kein bzw. kaum Wechselkurs-Hedging betreiben, können nun entsprechend planen:
- Der Euro-Franken-Kurs wird im weiteren Verlauf der zweiten Jahreshälfte entweder steigen oder sich seitwärts entwickeln.
- Er wird nicht unter unter 1,0498 fallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, ist kleiner als 5%.
- Daraus lassen sich konkrete Termine ermitteln, um Euro-Umsatzerlöse in Schweizer Franken zu tauschen.
Hat ein Schweizer Unternehmen einen Zahlungseingang von einer Million Euro im September 2020, und ist der Euro-Franken-Kurs bis dahin auf 1,06 zurückgefallen, macht es Sinn zu warten.
Es muss davon ausgegangen werden, dass der Euro im Schlussquartal seinen Aufwärtstrend fortsetzt oder aber an das obere Ende der Seitwärtsbewegung steigt. In beiden Fällen könnte sich der Unternehmer so einen Umtauschkurs von 1,09 sichern.
- Eine Millionen Euro zu einem EUR/CHF-Kurs von 1,09 getauscht, ergibt 1,09 Millionen Franken.
- Eine Millionen Euro zu einem EUR/CHF-Kurs von 1,06 getauscht, ergibt 1,06 Millionen Franken.
- Ergebnis: Die Umsatzerlöse sind 30.000 Franken höher.
In Österreich laden Banken die verbleibenden rund 85.000 Franken-Kreditnehmer des Landes einmal pro Jahr zu einem Beratungsgespräch ein. Es geht dann um eine Konvertierung in einen fixverzinslichen Euro-Abstattungskredit. Woran die Bankkaufmänner und Bankkauffrauen kläglich scheitern, ist den optimalen Zeitpunkt zu finden. Gesucht ist ein möglichst hoher Euro-Franken-Kurs.
Weiterlesen: Zur Lage von Franken-Kreditnehmern im Juli 2020
Anstatt mit Wechselkursprognosen im Nebel rumzustochern, könnte man einem Kunden, der bis Jahresende aus seinem Franken-Kredit aussteigen will, sagen: "Warte besser noch ein paar Wochen. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass du einen besseren Konvertierungskurs als 1,06 bekommst."
Beispiel für EUR/CHF-Kursentwicklung nach unten offen:
Für Schweizer Einkaufstouristen, die eine größere Anschaffung im vier oder fünfstelligen Bereich in Deutschland oder Österreich planen, wird umgekehrt ein Schuh draus: Sollte der Euro-Franken-Kurs in den nächsten Monaten unter 1,0498 sinken, hätten sie Gewissheit, dass es beim Jahreshoch von 1,0915 bleibt.
Sie könnten mit einem Euro-Franken-Kurs von höchstens 1,09 planen und den Betrag in Franken zur Seite legen. Sollten sie dann zu einem tieferen Eurokurs von 1,06 oder vielleicht sogar 1,03 Franken zum Zug kommen, hätte sie bei einer Anschaffung von 10.000 Euro 300-600 Franken bares Geld zuzüglich Mehrwertsteuer-Rückerstattung gespart.