Die Schweiz kommt mit ihrem Franken nicht zur Ruhe: Keine zwei Wochen ist es her, da wetterten Österreich und die Niederlande gegen den Aufbaufonds. Der EU-Sondergipfel wäre beinahe gescheitert und der Euro-Franken-Kurses auf 1,05 abgetaucht. Aktuell läuft die Schweiz Gefahr von den USA als Währungsmanipulator gebrandmarkt und von Devisenspekulanten überfallen zu werden.
Der Einstieg in gemeinsame Schulden mit gemeinschaftlicher Haftung ist gemacht: Dadurch verkleinert sich das Risiko eines Auseinanderbrechens des Euro dramatisch. 2012 hatte diese Gefahr den Höhepunkt erreicht. Daraufhin versprach der damalige EZB-Chef Mario Draghi kein Euroland pleitegehen zu lassen (Whatever it Takes). Sein mächtiges Werkzeug: Mit der Notenpresse unbegrenzt Euros drucken.
Zusammen mit dem massiven Ankauf von Staatsanleihen (QE) und dem gerade installierten Aufbaufonds ist ein Gesamtwerk entstanden. Ein Auseinanderbrechen des Euro ist in den Verträgen von Maastricht nicht vorgesehen. Ein theoretischer Euro-Austritt ist nur mit einem EU-Austritt sowie der Zustimmung der anderen Euroländer möglich.
Whatever it Takes, Staatsanleihen-Käufe und der mit gemeinsamen Schulden gespeiste Aufbaufonds zeigen: Anders als bei den Defizitregeln ist es den Euroländern sehr ernst sich an diesen Teil der Verträge zu halten. Grundsätzlich ist dieses gemeinsame Ziehen an einem Strang eine gute Voraussetzung für den Euro verlorenes Terrain gegenüber dem Schweizer Franken zurückzuerobern. Es hapert aber bisher an der Umsetzung.
Der oberste Aufseher über die wichtigste Währung der Welt, US-Finanzminister Steven Mnuchin, wirft einen Schatten auf den Devisenmarkt. Mnuchin's halbjährlicher Bericht zur Wirtschafts- und Währungspolitik der wichtigsten US-Handelspartner steht kurz vor der Veröffentlichung. Die Schweiz dürfte darin wegen ihren massiven Deviseninterventionen im Frühjahr als Währungsmanipulator gebrandmarkt werden.
Das würde die Fähigkeit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) den Euro über 1,05 Franken zu halten, konterkarieren. Mnuchin ist bekannt dafür, wie gerne er auf Anweisung des US-Präsidenten den Abzug seiner Sanktionspistole drückt. Weder die Berner Regierung noch die SNB-Währungshüter dürften es auf einen Konflikt anlegen. Die Folge: Es wird weniger am Devisenmarkt interveniert, der Frankenkurs wird stärker.
Die SNB kauft zwar Euros. Sie behält aber nicht alle Euros. Ein Teil tauscht sie in US-Dollar und erwirbt damit Aktien von Apple, Facebook etc. Diese Verflechtung macht den Euro-Franken-Kurs aus der Sicht von Devisenspekulanten interessant für eine Shortselling-Attacke.
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Wird der von SNB im laufenden Jahr erfolgreich verteidigte inoffizielle Euro-Mindestkurs bei 1,05 Franken einem Test unterzogen? Der Devisenmarkt ist bekannt dafür Notenbanken gerne auf den Zahn zu fühlen. Weil gerade Hochsommer und Urlaubszeit ist, wird nicht so viel gehandelt. Das spielt den Spekulanten in die Karten.
Umgekehrt lässt sich argumentieren: Schafft es der Euro sich bis September über 1,05 zu halten, dürften Berner Regierung und SNB für 2020 aus dem Schneider sein. Fondsmanager, Pensionskassen, Versicherungsgesellschaften haben die gemeinsamen Schuldenaufnahme zur Verhinderung eines Auseinanderbrechen des Euros noch nicht hinreichend in ihren Portfolios abgebildet. Sie werden im Herbst Euros kaufen müssen.
Schweiz spielt beim Frankenkurs auf Zeit
31.07.20
05:18