Weil die Eurozone dieses Jahr um 9% schrumpft, kommt eine Rückkehr des Euros auf 1,10 Franken nicht infrage. Die Schweizer Wirtschaft wird besser mit der Corona-Krise fertig. Die Experten rechnen mit einem Minus von "nur" 6%. Es wäre allerdings verfrüht den Euro abzuschreiben. Seine schiere Größe zusammen mit einer Abkehr der Anlegerwelt von den USA könnten ihn 2021 sogar zur Währung des Jahres machen.
2020 wird die Eurozone laut den neuen Prognosen der EU-Kommission um 8,7% schrumpfen. Italien, Frankreich und Spanien gehen sogar zweistellig in die Knie. Deutschland (-6,3%) und Österreich (-7,1%) halten sich den Umständen entsprechend überdurchschnittlich gut. Für 2021 rechnet Brüssel mit einem Wachstum von 6,1%. Die Konjunkturexperten der Berner Regierung (Seco) erwarten für die Schweiz -6,2% (2020) und 4,9% (2021).
Ab September/Oktober dürfte sich der Devisenmarkt mit den Entwicklungen der Bruttoinlandsprodukte (BIP) für 2021 auseinandersetzen. Zeichnet sich sodann ab, dass die Eurozone im nächsten Jahr tatsächlich die Nase vor der Schweiz haben wird, hätte der Euro Rückenwind.
Aus charttechnischer Sicht sieht der Ausblick anders aus: Demnach wird der Euro schon im September auf 1,09 Franken steigen, danach auf 1,05 abtauchen, um sich dann bis Jahresende bei etwa 1,07 einzupendeln.
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Der Euro war das letzte Mal bei 1,10 Franken Anfang Dezember 2019. Neben der fundamentalen Seite und der Charttechnik muss man etwas Drittes berücksichtigen: Der US-Dollar und die Wall Street sind hoffnungslos überteuert. Die Chancen eines Raus-aus-den-USA-Trade stehen nicht schlecht, zumal die Aktienmärkte in Europa und Asien in den letzen Jahren im Vergleich zur Wall Street eine eklatante Underperformance hinlegten.
Der Euro würde trotz seiner Konstruktionsfehler – dem Fehlen einer gemeinsamen Fiskalpolitik – Kapitalabflüsse aus dem Dollarrraum absorbieren. Denn die Gemeinschaftswährung ist weltweit immer noch die unangefochtene Nummer zwei. Aus devisentaktischer Sicht gilt es überdies zu berücksichtigen: Gibt es mehr Wachstum in den Emerging Markets, dann profitiert die Eurozonen-Wirtschaft und damit auch der Euro überproportional.
Und dann hätten wir wieder so etwas wie 2017/2018. Damals gab es genügend Wachstum in der Eurozone, so dass sämtliche Probleme hinten angestellt wurden. Der Euro-Franken-Kurs würde es zwar aller Voraussicht nach nicht erneut auf 1,20 schaffen. Ein Overshooting auf 1,15 im Falle eines Raus-aus-den-USA-Trade müsste man aber auf dem Zettel haben.
Steigt der Euro 2021 zur Währung des Jahres auf?
09.07.20
05:16