"Angesichts der neu entdeckten Solidarität innerhalb der EU wächst die Chance auf einen auch längerfristig strukturell besser aufgestellten Euro", meint die DZ Privatbank. Der Euro mag aufgrund von Umverteilungstöpfen und Zuschüssen aus dem Norden in den Süden besser aufgestellt sein. Die dahinter stehenden Volkswirtschaften seien es aber nicht, entgegnen Kritiker.
Es wäre ein starkes Stück, sollte der EUR/CHF-Kurs entgegen den Prognosen erneut auf 1,05 fallen. Die meisten Banken rechnen zwar nicht damit. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass sie falsch liegen. Banken aus Österreich und Deutschland haben seit Jahren den Hang, den Euro zu stark einzuschätzen. Sie begründen das mit einer vermeintlichen Überbewertung des Schweizer Franken.
So sieht die Erste Group den Euro in der ersten Hälfte 2021 bei 1,12 Franken. Gestützt auf Kaufkraftparitäten (fairer Wechselkurs) wäre eine graduelle Abschwächung des Frankens zum Euro gerechtfertigt, begründet sie. Ebenso rechnet die Landesbank Baden-Württemberg mit einer Aufwertung des Euros um 4%. Auch hier heißt es: "Gemäß Kaufkraftparität ist der Franken gegenüber dem Euro hoch bewertet."
Zum Thema: Darf man jetzt von der Kaufkraftparität träumen?
Eine Ausnahme unter den Devisen-Auguren ist die deutsche National-Bank. Sie erwartet bis September 2021 ein Absinken des Euros auf 1,03 Franken. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse wegen des scharfen Wirtschaftseinbruch noch mehr tun. Die National-Bank spricht von einer "zähen Erholung" der Wirtschaft.
Ahnungsgabe
Die Börse nimmt die Wirtschaftsentwicklung etwa neun Monate im Voraus vorweg. Die Aktienmärkte Frankreichs, Italiens und Spaniens liegen aktuell um bis zu 30% tiefer im Vergleich zu der Zeit vor Corona. Die Konjunktur dieser drei Länder, die die größten Nettoempfänger des EU-Aufbaufonds sind, wird also auch im Mai/Juni 2021 noch sehr schwach sein.
Was oft in Vergessenheit gerät: Die Eurozonen-Wirtschaft war bereits vor der Corona-Pandemie schwach. Die EZB hatte im September 2019 die Netto-Anleihenkäufe neu gestartet. Wenn über eine Rückkehr zu dem Niveau von vor der Krise gesprochen wird, ist das eine engstarrige Betrachtung auf das Zahlenwerk zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die schwache Konjunkturdynamik fällt unter den Tisch.
Laut der Ahnungsgabe der Börse werden Frankreich, Italien und Spanien bis Mitte 2021 noch nicht einmal das schwache Konjunkurniveau von vor der Corona-Krise erreicht haben. Mit Blick auf die künftige Entwicklung des Euro-Franken-Kurs lässt sich daraus ableiten: Die drei großen Bremsklotz-Länder Frankreich, Italien und Spanien sind die Hauptursache dafür, dass hier inzwischen die Abwärtsrisiken wieder überwiegen.
Weiterlesen:
Franken-Comeback: Ein Schock für den Euro