Den Euro holt die harte ökonomische Realität ein, und so sinkt der EUR/CHF-Kurs auf 1,0750. Der ein oder andere hatte mit einer positiven Überraschung gerechnet. Doch die blieb aus. Die Wirtschaftsleistung der Eurozone brach im zweiten Quartal um 12,1% wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die EZB will trotz Konjunkturerholung auch im nächsten Jahr in die Vollen zu gehen.
Zu Wochenbeginn sah es noch danach aus, als würde der Euro nach oben klettern. Er setzte mit einem Ausbruch aus der Seitwärtsbewegung und dem darauffolgenden Anstieg auf 1,0840 Franken ein Ausrufezeichen. Doch dann kam nichts mehr. Statt das Junihoch bei 1,0915 anzugreifen, machte der Euro einen Rückzieher.
Die Performance des Euro gegenüber dem Schweizer Franken ist enttäuschend. Das zeigt ein Blick auf den Euro-Dollar-Kurs. Der kletterte in dieser Woche mit 1,19 auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Im Mai 2018, als es das letzte Mal für 1 Euro 1,19 Dollar gegeben hatte, war der Euro-Franken-Kurs bei knapp 1,20.
Spaniens Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal um 18,5%, Frankreichs um 13,8% und Italiens um 12,4%. Italien ist damit gar nicht so viel schlechter als Deutschland, dessen Minus bei 10,1% lag. Das ist insofern hervorzuheben, als die Regierung in Rom am lautesten über die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie klagte und am stärksten Eurobonds und Schuldenunion forderte.
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"Wir sollten davon ausgehen, dass die Unterstützung nach 2020 anhält", sagte EZB-Chefin Christine Lagarde einer französischen Zeitschrift. “Wir müssen wirklich ein Sicherheitsnetz und sehr attraktive Bedingungen bis mindestens Juni 2021 beibehalten." Kritiker der Euro-Notenbank fühlen sich bestätigt.
"Im Grunde genommen ist die EZB zur Mittäterin geworden, die den Staaten mit verfehlter Finanz- und Wirtschaftspolitik das finanzielle Überleben erleichtert", sagt der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die Verflechtung von Wachstum und Schulden der Euroländer mit der Notenpresse ist dem Deutschen ein Dorn im Auge.
Damit lässt sich auch der Spagat des Euros erklären: In den USA betreibt die Notenbank Fed eine noch aggressivere Unterstützungspolitik per Notenpresse. Entsprechend hat es der Euro leicht gegen den US-Dollar zuzulegen. In der Schweiz gibt es hingegen weder die Absicht noch die Notwendigkeit die Nationalbank mit der Aufgabe zu betrauen, Staatsschulden zu monetarisieren und Wirtschaftspolitik zu machen.
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01.08.20
06:32