Die Europäische Zentralbank (EZB) nimmt den Euro ins Visier. Sie will einen schwächeren. Zum ersten Mal erwähnt Notenbankchefin Christine Lagarde den Wechselkurs in dem Schriftstück "Einleitende Bemerkungen".
Man werde den "Wechselkurs sorgfältig prüfen", sagt Lagarde. Dies finde im Kontext der klaren Verschlechterung des Wirtschaftsausblicks statt. Der Euro weitete daraufhin seine Verluste gegenüber US-Dollar und Schweizer Franken aus.
"Wenn die EZB im Dezember nochmals zu einem Rundumschlag ausholt, muss es richtig brennen", kommentiert die VP Bank. Lagarde hat angekündigt, sich alle Euro-Folterinstrumente anzuschauen.
Damit ist neben einer deutlichen Aufstockung der Staatsanleihen-Käufe, die bereits in trockenen Tüchern sein dürfte, plötzlich eine Zinssenkung auf dem Tisch.
Bisher war Marktkonsens, dass die EZB wegen Rücksichtnahme auf die unter den negativen Zinsen ächzenden Geschäftsbanken den Einlagenzins bei -0,50% belässt. Nun deutet sich ein Umdenken an.
Die Vorteile eines schwachen Euro, den man mit einer Zinssenkung bekäme, überwiegen aus EZB-Sicht die Nachteile der Geschäftsbanken. Interessanterweise resümiert die Deutsche Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht, dass Negativzinsen für die Banken kein Problem seien.
Fazit und Ausblick
Die stärkere Inkludierung des Wechselkurses, sprich: der Wunsch nach einem möglichst weichen Euro, in die Ziele der EZB, sah niemand kommen. Das ist eine faustdicke Überraschung.
Dem Euro steht bis zur nächsten EZB-Sitzung am 10. Dezember 2020 eine schwere Zeit bevor. Sollte sich herausstellen, dass Lagarde geblufft hat (der Einlagenzins wird nicht gesenkt), könnte es zu einer kleinen Jahresendrallye des EUR/CHF kommen.
Ansonsten hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) drei Möglichkeiten:
- Sie senkt den Einlagenzins, so wie die EZB.
- Sie weitet ihre Euro-Stützungskäufe massiv aus.
- Sie akzeptiert einen merklich schwächeren Euro zum Franken.
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