Die Schere zwischen den beiden wichtigsten Währungen Europas geht auseinander, und so gibt der EUR/CHF-Kurs die Marke bei 1,08 preis. Dem 10-Jahreshoch der Schweizer Wirtschaftsaussichten steht eine träge Eurozone, die bis 2023 brauchen wird, um sich von Corona zu erholen, gegenüber. Kann der Euro so lange warten?
Rosige Aussichten für die Schweizer Wirtschaft: Das KOF Konjunkturbarometer klettert auf den höchsten Stand seit 2010. Was für den Ausblick des EUR/CHF-Kurses noch wichtiger ist: Devisenexperten werden auf dem falschen Fuss erwischt. Sie gingen von einer Eintrübung aus. Hohe Euro-Prognosen von 1,10 Franken basieren auf einem schwächeren Konjunkturausblick für die Schweiz.
Den liefert allerdings nur die Eurozone. Es werde noch mehr als zwei Jahre dauern, bis sich die Wirtschaftsleistung wieder auf dem Stand von vor Corona ist. Das hat gerade die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, auf einer Konferenz in Frankfurt eingeräumt. Weil sie schon dabei ist, greift sie gleich noch ein zweites Mal in die Gruselkiste.
Die EZB-Chefin signalisiert, dass ihr Arbeitgeber künftig Inflationsraten über 2% akzeptieren werde. Eine weitere Hiobsbotschaft für den Euro. Die Inflation in der Eurozone ist bereits höher als in der Schweiz, woraus eine durchschnittliche Aufwertung des Frankens von knapp 2% pro Jahr gegenüber dem Euro herrührt.
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Diese Schere öffnet sich mit dem EZB-Strategieschwenk weiter. Das Ergebnis kann man im aktuellen Quartalsheft Global Strategy der Erste Group nachlesen. Dort heißt es:
Der faire Wert des Euros basierend auf der Kaufkraftparität liege bei 1,14-1,16 Franken. Und weiter: "Wir gehen allerdings davon aus, dass dieser Wert aufgrund der anhaltend niedrigeren Inflationsraten in der Schweiz längerfristig kontinuierlich absinken wird."
Ausblick:
Kaufkraftparität und EUR/CHF-Kurs werden sinken. 2018 war das noch anders: Damals war der Euro mit seinem steilen Anstieg auf 1,20 Franken dem Kaufkraftparitäts-Kurs von unten kommend entgegengerannt. Eine Wiederholung dessen wird mit jedem Tag, an dem die Inflation in der Eurozone höher ist als in der Schweiz, unwahrscheinlicher.
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02.10.20
05:47