"Unsere Bereitschaft, verstärkt am Devisenmarkt zu intervenieren, wirken einer Aufwertung des Frankens entgegen", sagt SNB-Direktorin Andréa Maechler.
Diese Wirkung ist nicht sonderlich groß: Der Euro-Franken-Kurs sank seit Anfang 2020 von 1,0880 auf 1,0660 (-2%). Dahinter steckt ein aus der Sicht von Franken-Kreditnehmern unbarmherziger Abwärtstrend. Die Trendumkehr hin zu einem steigenden Euro lässt auf sich warten.
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Zum US-Dollar wertete der Franken gerade auf den höchsten Stand seit knapp sechs Jahren auf. Die SNB hat neben Euro auch den US-Dollar im Visier. Die Wirkung ihrer Interventionen beim Dollar-Franken-Kurs ist noch geringer.
Ausländische Investoren schätzten die Schweizer Währung als besonders sicher ein, was dem Franken seine traditionelle Rolle als "sicherer Hafen" in Zeiten verstärkter internationaler Unwägbarkeiten verleiht, erläutert Maechler.
"Investoren sind deshalb bereit, auf Frankenanlagen längerfristig eine geringere Rendite zu akzeptieren", schlussfolgert die SNB-Vizechefin.
An dieser Stelle wird es interessant: Aktuell sind die Renditen in der Schweiz nicht geringer, sondern höher. Eine zehnjährige Schweizer Staatsanleihe rentiert bei -0,56%. Eine ihrer Qualität ebenbürtige deutsche Staatsanleihe bei -0,62%.
Investoren sind also nicht länger im Nachteil, wenn sie in die Schweiz gehen. Sie bekommen eine höhere Rendite (werden weniger vom Negativzins geschröpft) plus den "sicheren Hafen". Das ist eine fundamentale Veränderung.
Solange die Renditen in Deutschland nicht wieder über denen der Schweiz liegen, also eine Situation, in der die deutschen Papiere beispielsweise bei -0,30% rentieren und ihre Schweizer Pendants bei -0,50%, kämpft der Euro gegen Windmühlen.
2021
Der renommierte Vermögensverwalter Dr. Jens Erhardt rechnet mit einem kräftigen Anstieg der deutschen Renditen. Der doppelte Vorteil des Franken (höhere Rendite plus sicherer Hafen) wäre weg. Der Euro könnte zulegen.
"Vielleicht sehen wir längerfristig wieder die ein Prozent bei den zehnjährigen Bunds, wenn es denn mit dem Konjunkturaufschwung klappt", sagte Erhardt im Gespräch mit dem "Handelsblatt".
Eine aus heutiger Sicht saftige Rendite bei deutschen Bundesanleihen von 1% wäre imstande den Euro-Franken-Kurs auf 1,10 oder noch höher zu heben. Das gilt aber nur für den Fall eines dahinter stehenden kräftigen Konjunkturaufschwungs.
Bei einer Stagflation, also einer vor sich hin siechenden Konjunktur bei hoher Inflation, würde die Bundesanleihen-Renditen auch zulegen. Ein deutlich stärkerer Euro zum Franken käme in diesem Szenario allerdings nicht in Betracht.
🔗 Rolle des Frankens als sicherer Hafen im Tiefzinsumfeld, SNB, 05.11.2020