Eine Zäsur war die Einführung flexibler Wechselkurssysteme durch eine Hauruck-Aktion von US-Präsident Nixon Anfang der 1970er-Jahre. Der Euro und seine Vorgängerwährungen hatten sich allerdings schon in den vorherigen Jahrzehnten zum Franken stets abgeschwächt. Ursache: Die tiefere Inflation in der Schweiz.
Seit dem Ende von Bretton Woods und der Goldbindung haben vier große Wechselkurs-Phasen stattgefunden. Diese EUR/CHF-Zyklen folgen immer dem gleichen Muster. Zu Beginn kommt es zu einer mehrjährigen Talfahrt des Euro-Franken-Kurses. Es folgt eine obligatorische Erholung. Sie reicht nicht aus, um die Verluste wettzumachen und ist stets von kürzerer Dauer als die Talfahrt.
2007-2018: 4. EUR/CHF-Zyklus
Das Anfang und Ende der EUR/CHF-Zyklen lässt sich an politischen und wirtschaftlichen Ereignissen festmachen. So begann der vierte Zyklus im Oktober 2007, als die ersten Banken wackelten. Damals gab es für 1 Euro 1,68 Franken. Die Talfahrt ging bis zur Aufhebung des Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) Anfang 2015. Der EUR/CHF-Kurs purzelte auf 0,98.
Daraufhin folgte der zweite Teil, die obligatorische Erholung des Euro. Sie dauerte bis Mai 2018. Der Euro kletterte auf 1,20 Franken. Damals schwappte eine Euphoriewelle sondergleichen durch die Eurozone. Das Wirtschaftswachstum war ungemein stark. Politik zusammen mit Europäischer Zentralbank (EZB) schienen unter Zuhilfenahme der Euro-Notenpresse einen Weg zu dauerhaften Wohlstand und Wachstum gefunden zu haben.
Dass man auf Strukturreformen zur großen Freude Frankreichs, Italiens und Spaniens zur Gänze verzichten könne, stellte sich jedoch als Trugschluss heraus. Und so begann im Sommer 2018 mit einer ausgedehnten Talfahrt der fünfte EUR/CHF-Zyklus. Der Währungskurs fiel bis zum Frühjahr 2020 auf 1,05. Es folgte der Anstieg auf das aktuelle Niveau von 1,11.
Bei diesem Anstieg handelt es sich um einen Tropfen auf den heißen Stein. Der fünfte EUR/CHF-Zyklus läuft mindestens bis 2025, möglicherweise überdauert er sogar das gesamte Jahrzehnt. Das bedeutet: Die Abwärtsbewegung auf 1,05 im Zuge der Corona-Pandemie erfüllt nicht das Kriterium einer ausgedehnten Talfahrt.
So abenteuerlich es aus heutiger Sicht klingen mag: Dem Euro blühen Verluste, die ihn bis etwa 2025 auf 0,90 bis 0,95 Franken runterschleudern werden. Ein solcher Rückfall ist erforderlich, weil es das Tief des vierten EUR/CHF-Zyklus bei 0,98 zu unterbieten gilt.
Es folgt die obligatorische Erholung, die den Währungskurs im besten Fall auf 1,10 bringen könnte. Wahrscheinlicher ist jedoch ein Ende der Anstiegsbemühungen bereits bei 1,05. Danach beginnt der sechste EUR/CHF-Zyklus mit der nächsten Talfahrt.
Weiterlesen:
EUR/CHF-Ausblick: Parität spätestens 2025