Der Schweizer Franken ist in einem roten Spätsommer. Er hat sich in den letzten zweieinhalb Wochen gegenüber dem Euro um 2% abgeschwächt. Dass Devisenhändler so plötzlich ihre Fähnchen für den Euro in den Wind hängen, war laut vielen Experten überfällig. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) begrüßt das Kursdebakel ausdrücklich.
Konjunkturelle Probleme der Schweiz sind nicht die Ursache der Franken-Abwertung. Laut der SNB-Direktorin Andréa Maechler sei die wirtschaftliche Erholung der Schweiz im internationalen Vergleich auf einem "guten Weg". Probleme beschränkten sich auf die Hotellerie und den Tourismus. Die Branche liege noch klar unter dem Vorkrisenniveau.
Das sind aber keine neuen Probleme. Darüber hinaus ist der Anteil der Hotellerie am am Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) gering. Die Abschwächung des Frankens kommt also nicht aus dieser Ecke. Sie kommt auch nicht von verbalen Deviseninterventionen. SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg hat sich gerade wieder zu einer solchen Aktion hinreißen lassen.
"Für uns ist es klar, auch auf dem jetzigen Niveau ist der Franken nach wie vor hoch bewertet", sagte Zurbrügg am Mittwoch zu einem Zeitpunkt, als der Euro-Franken-Kurs bei 1,09 stand. Vor zweieinhalb Wochen hatte die SNB den EUR/CHF-Kurs bei 1,0695 stabilisiert und damit den Grundstein für den plötzlichen Anstieg gelegt.
Laut den Wechselkursprognosen von deutschen-, österreichischen und schweizerischen Banken wird der Euro-Franken-Kurs Ende 2021 bei 1,1015 stehen. Vergleicht man die aktuelle Stärkephase des Euro mit früheren, zeigt sich: Es wäre noch viel Platz nach oben vorhanden.
- Der Euro-Franken-Kurs stieg in den letzten zweieinhalb Wochen um 1,9%.
- Ende Februar/Anfang März 2021 ging es um 3,4% hoch.
- Ende Mai/Anfang Juni 2020 waren es 3,8%.
Im Vergleich zu den beiden vorherigen hat der aktuelle Anstieg ein Makel. Das zeigt ein Blick auf die EUR/CHF-Kerzencharts (1 Kerze = 1 Tag). Die weißen Kerzen überlappen sich zu stark. Im Frühjahr 2021 und kurz vor Jahresmitte 2020 gab es kaum Überlappungen.
Solche Überlappungen stehen für Unentschlossenheit sowie Tändelei und sind ein Warnsignal für den Euro. Eine große Enttäuschung war die gestrige Kerze. Sie überlappte um mehr als 50% die vorherige stark bullische weiße Kerze. Ist der Euro wirklich am Drücker, lässt er solche Überlappungen nicht zu.