Der Euro wird von dem überraschenden Rücktritt von Bundesbank-Chef Weidmann auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Künftig hat es die Europäische Zentralbank (EZB) noch leichter, eine freie Staatsfinanzierung mit der Notenpresse zu realisieren und Inflationsgefahren unter den Teppich zu kehren.
Er hatte sich gerade etwas erholt, war auf 1,0765 Franken gestiegen. Dann kam die Hiobsbotschaft aus Frankfurt. Jens Weidmann verlässt nach zehn Jahren die Bundesbank und damit auch den EZB-Rat. Daraufhin fällt der Eurokurs in einer schnellen Intraday-Bewegung auf 1,0705 Franken.
"Niemand kann über mehr als ein Jahrzehnt eine Politik gegen die eigene Überzeugung mittragen", kommentiert der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark in der "Börsen-Zeitung". In seinem Rücktrittschreiben mahnt Weidmann, auf Inflationsrisiken zu achten.
Doch diese Risiken nehmen EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihr Chefvolkswirt Philip Lane nicht sonderlich ernst. Die Französin hat sich mit ihrem Satz ("The Lady isn't Tapering") in unerträglicher Weise mit der sehr stark auf freie Marktwirtschaft ausgerichteten früheren Premierministerin Großbritanniens, Margaret Thatcher, verglichen.
Es gibt da nur einen gewaltigen Unterschied: Lagarde's Notenpressen-Politik führt zu einer massiven Umverteilung, heizt die Inflation an und ist damit das Gegenteil dessen, wofür Thatcher stand: Nämlich für mehr Eigenverantwortung und mehr Eigeninitiative. Der Ire Lane nimmt es traditionell nicht so genau mit Inflationsrisiken. Irland hatte bei seinem Euro-Beitritt mit 4% die höchste Inflation aller damaligen Euroländer.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat eine makellose Bilanz. Sie strebt eine Inflation von 0 bis 2% an. Die Jahresteuerung in der Schweiz liegt bei 0,9%. Der starke Schweizer Franken schwächt die von den hohen Rohstoffpreisen herkommende importierte Inflation ab.
Anders die EZB. Sie verfehlt ihr Inflationsziel von 2%. In der Eurozone steigen die Verbraucherpreise mit 3,4%. Weil bei der Messung der Euro-Inflation die erheblich gestiegenen Mieten und die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum kaum berücksichtigt werden, liegt die Euro-Inflation in Wahrheit bei knapp 4%.
Einen so hohen Unterschied zwischen einem Währungsraum mit äußerst stabilen Preisen und einem Währungsraum ohne verankerte Inflation kann der Devisenmarkt nicht außer Acht lassen. Die Geldentwertung in der Eurozone ist aktuell etwa dreimal höher als in der Schweiz. Kurios: Die Großbanken sagen: Kein Problem, der Euro wird zum Franken stärker.
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