Jetzt ist es passiert: Der Schweizer Franken steigt auf den höchsten Stand seit Mitte 2015. Der Euro ist eine Weichwährung mit Abwertungscharakter. Das weiß natürlich auch die Schweizerische Nationalbank (SNB). Sie kann dem Euro unter die Arme greifen, wollen tut sie es wegen des schlechten Ausblicks nicht.
Am späten Mittwochabend geschah es: Die Euro-Franken-Rate sank auf 1,0504 und unterbot das bis dahin gültige Mehrjahrestief vom 18. Mai 2020 bei 1,0505. Damit ist der Euro zum Franken so schwach wie zuletzt beim Beinahe-Euro-Austritt Griechenlands Mitte 2015.
Der Devisenmarkt fühlt der SNB auf den Zahn. Man sei "jederzeit bereit", an den Devisenmärkten einzugreifen, um eine Aufwertung der Landeswährung zu bremsen, sagte SNB-Direktoriumsmitglied Andréa Maechler in der letzten Wochen.
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Es bezweifelt niemand, dass die SNB genügend Geld drucken kann, um den Franken wieder abzuschwächen. Nur will sie das auch? Dem Euro fehlt eine gute Perspektive. So schlimm wie bei der türkischen Lira ist es um die Gemeinschaftswährung zwar noch nicht bestellt. Allerdings geht es in diese Richtung.
Nachfolgend sind zwei Wechselkursdiagramme dargestellt. Ein Diagramm zeigt die massive Abschwächung der türkischen Lira zum Franken. Das andere die deutliche Abschwächung des Euro zum Franken, in CHF/EUR (1 Franken = 0,95 Euro) und nicht in EUR/CHF dargestellt.
Hätte die SNB in den letzten Jahren nicht massiv Euro-Stützungskäufe durchgeführt, wären die beiden Wechselkursdiagramme noch ähnlicher. Das Resultat der von Macron, Merkel, Draghi und Lagarde betriebenen Währungspolitik unterscheidet sich also kaum von der des türkischen Präsidenten Erdogan. Hier ist eine echte Weichwährungsfreundschaft entstanden!
Es fehlt nicht viel, bis der Schweizer Franken in die nächste Turbostufe zündet und am Devisenmarkt ein Verhältnis von 1 Euro = 1 Franken erreicht wird. Die sich zuletzt abzeichnende konjunkturelle Beschleunigung in der Eurozone wird durch die vierte Viruswelle wieder abgebremst.
Überdies ist mit weiteren Helikoptergeld-Modellen, die den Euro noch stärker verwässern werden, zu rechnen. 500 Euro Impfprämie fordert der frühere Finanzminister des deutschen Bundeslandes Brandenburg, Christian Görke. Frankreichs 100 Euro Gratisgeld dürfte also erst der Anfang sein.
Tatsächlich bräuchte die Eurozone eine Beendigung der EZB-Staatsanleihen-Käufe und der negativen Leitzinsen. Stattdessen wird weiter versucht mit steigenden Asset-Preisen und immer höheren und ineffizienteren Staatsausgaben die schwächer werdende wirtschaftliche Position der Eurozone in der Welt zu übertünchen.