Der Zuspruch für den Schweizer Franken ist hoch, und so gibt es den Euro aktuell zum Schleuderpreis von 1,0390 CHF. Sichere Häfen werden für eine längere Zeit eine wichtige Rolle einnehmen, sagen die Pessimisten. Die Aufwertung des Frankens ist nicht nachhaltig, als sie den guten konjunkturellen Ausblick für den Euroraum und das gescheiterte Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU ignoriert, entgegnen die Optimisten.
Laut der Deutschen Bank wird sich der Euro bis Mai 2022 auf 1,02 Franken abschwächen. Die Indikatoren der Schweizer Wirtschaft deuteten auf solides Wachstum hin. Überdies sei die Inflationsrate in der Schweiz mit 1,2% im globalen Vergleich vergleichsweise niedrig, schreibt die Deutsche Bank in ihrem Währungsbulletin Dezember 2021.
Zwischen dem 20. September und 1. Dezember 2021 sank die Euro-Franken-Rate von 1,0940 auf 1,0390 (-5,0%). Neben der Deutschen Bank rechnet J. Safra Sarasin mit fortgesetzter Frankenstärke. "Die Aussichten für den Schweizer Franken bleiben aus unserer Sicht günstig." Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte eine weiteren Franken-Aufwertung 2022/23 zulassen, erwartet die Schweizer Privatbank.
"Hellt sich der konjunkturelle Ausblick auf, rechnen wir mit einer Schwäche des CHF." Der VP Bank zufolge wird der Euro im nächsten Jahr auf 1,10 Franken steigen. Gleichzeitig räumt das Geldhaus aus Liechtenstein ein: "Die Kaufkraftparität entwickelte sich zuletzt mit neuer Dynamik zugunsten des Franken."
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"Mit sinkender Risikoaversion sollte CHF schwächer notieren", sagt die Landesbank Baden-Württemberg. Überdies sei das gescheiterte Rahmenabkommen mit der EU ein langfristiger Belastungsfaktor für die Schweiz. Die Landesbank aus dem Südwesten Deutschlands erwartet bis Dezember 2022 ein Anstieg des Euro auf 1,12 Franken.
Nach dem gescheiterten Versuch im September 2021 über die Marke von 1,10 zu klettern, drehte der EUR/CHF-Kurs nach unten ab. Die darauf folgende Abwärtsbewegung des Euro übertraf selbst die Einschätzungen der größten Kritiker der Gemeinschaftswährung.
Auffallend ist die Konstanz und Gleichmäßigkeit, mit der sich der Euro zum Schweizer Franken in den letzten zweieinhalb Monaten abgeschwächt hat. Unruhige Marktverhältnisse mit ruckartigen Abstürzen, wie sie derzeit am Aktienmarkt wegen der Omikron-Virusvariante stattfinden, blieben aus.
Die Euro-Franken-Rate ist bis dato nicht aus dem Abwärtskanal nach unten ausgebrochen.* Ein solcher Ausbruch ist allerdings die Voraussetzung für eine Trendumkehr (Reversal) und eine Erholung des Euro auf 1,06 Franken. Das Reversal lässt auf sich warten, und so kann der Abwärtstrend ungestört seine Kreise ziehen.
Das Beharrungsvermögen des Devisenmarktes, den EUR/CHF-Abwärtstrend immer weiter fortzusetzen, ist keine Anomalie. Es ist der Normalzustand. Trendumkehr-Versuche scheitern in den meisten Fällen. Überdies wird ein etwaiges Reversal nicht von heute auf morgen kommen, es sei denn die Schweizerische Nationalbank (SNB) legt plötzlich einen neuen Mindestkurs bei 1,05 oder 1,10 fest.
*Ausnahme: Ein wenige Sekunden dauernder Absturz auf 1,0366 in den Morgenstunden des 29.11.2021.