Setzt der Euro seine monatelange Talfahrt zum Schweizer Franken fort? Oder ist das Tief mit 1,0375 drin? Eines ist sicher: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird den EUR/CHF nicht von seinen tiefen Kursen befreien. Denn der Euro hat ein permanentes Inflationsproblem, wie OeNB-Chef Holzmann nun beichtet.
Der Euro sank Anfang Dezember 2021 auf den tiefsten Stand seit sechs Jahren und fünf Monaten. Warum tat die Schweizerische Nationalbank nichts? Im Frühjahr 2020 hatte sie noch mit massiven Deviseninterventionen die Euro-Franken-Rate trotz wochenlangen Spekulantenattacken über 1,05 gehalten.
Versetzt man sich in die Lage beim Corona-Ausbruch zurück, dann war das damals ziemlich heikel: Das Virus breitete sich mit rasanter Geschwindigkeit auf dem Globus aus. Ob man einen Impfstoff entwickeln könnte, stand noch in den Sternen. Alle Notenbanken druckten Geld, was das Zeug hielt. Die SNB wollte da nicht hintenanstehen und druckte kräftig Franken, um den Euro über 1,05 zu halten
Dieses Mal nimmt die SNB die Rolle eines Beobachters ein. Die Entwicklung der Euro-Franken-Rate folgt dem Lehrbuch: Geld fließt aus dem Euroraum wegen der dortig hohen Inflation ab und landet in der Schweiz. Dort sind die Preise stabil. Dieser Prozess geht ohne Übertreibungen beim Wechselkurs vonstatten.
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Die Talfahrt der Euro-Franken-Rate von 1,0940 auf 1,0375 war geordnet. Lediglich zweimal ging es etwas zu schnell runter, was aber von den automatischen Handelssystemen und ohne Zutun der SNB schnell wieder ausgeglichen wurde. Aktuell läuft so eine Gegenbewegung: Der Euro erholt sich, weil er zuvor zu steil fiel.
Zwar hat die Schweiz mit -0,75% den negativsten Leitzins auf der ganzen Welt. Der Attraktivität des Frankens tut das aber keinen Abbruch. Die Inflation in der Schweiz ist bei 1,5% verankert ist. In der Eurozone beträgt sie 5%. Dass es der Europäischen Zentralbank (EZB) gelingt die Inflation merklich zu senken und damit ihr Mandat zu erfüllen, daran glauben inzwischen nicht einmal ihre eigenen Mitglieder.
Der Chef der Österreichischen Nationalbank (OeNB), EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann, hält eine Rückkehr der Inflation unter 2% für "sehr unwahrscheinlich". Zwar werde die Teuerung in den kommenden Monaten etwas runtergekommen. "Auf der anderen Seite werden aber Lieferengpässe weiter eine große Rolle spielen, zum Beispiel auch bei Nahrungsmitteln", sagt Holzmann dem Handelsblatt.
Fazit
Der Schweizer Franken ist eine solide Währung. Über den Euro kann man das nicht sagen. Bleibt die Inflation in der Eurozone 3,5% höher als in der Schweiz, sinkt die Euro-Franken-Rate im Gegenzug um weitere 3,5%. Solange das Inflations-Schreckgespenst nicht vertrieben wird, werden sich Anstiege des Euro zum Schweizer Franken allesamt als vorübergehend herausstellen.
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