Zieht man die neuen Inflationsprognosen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu Rate, dann ist die Schweiz mit ihrer Währung in einer beneidenswerten Lage. Die niedrige Teuerung untermauert die Sicherheit des Frankens. In den Euro-Staaten ist die Geldentwertung hingegen am ausufern. Dem Euro fehlt ein solides Fundament.
Die schweizerischen Konsumentenpreise stiegen im Jahr 2021 lediglich um 0,6%. 2022 werde sich die Teuerung leicht auf 1,0% erhöhen, ehe sie 2023 auf 0,6% zurückkehrt, erwartet die SNB. Sie erfüllt damit ihr Mandat, die jährlich Teuerung zwischen 0 und 2% zu verankern.
Demgegenüber steht die EZB, die die Erfüllung ihres Inflationsmandats als lästige Nebenbeschäftigung auffasst. Nach 2,6% in 2021 werde die Inflation 2022 auf 3,2% weiter steigen, ehe sie 2023 auf 1,8% runtergehen soll, prognostizieren die Euro-Währungshüter.
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Die Prognosen der EZB waren in der Vergangenheit weniger treffgenau als die der SNB. Hintergrund: Die Lieblingsbeschäftigung der Euro-Währungshüter ist die Finanzierung der Haushaltsdefizite der Euro-Staaten. Diesem Hauptziel wird das gesetzliche Mandat für stabile Preise zu sorgen, untergeordnet.
Dadurch sinkt das Vertrauen in den Euro. Seine markante Abschwächung gegenüber dem Schweizer Franken hat somit zwei Ursachen:
- Der größer werdende Inflationsunterschied zwischen dem Euroraum und der Schweiz.
- Der Glaubwürdigkeitsverlust in den Euro, weil sich die EZB weigert ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
Wer einen stärkeren Euro zum Franken bevorzugt, richtet seine Aufmerksamkeit aufs Wachstum. 2022 erwartet die SNB ein Wirtschaftswachstum von 3%. Die EZB rechnet hingegen für den Euroraum mit 4,2%. Aber auch über diesem Ausblick schwebt wegen dem schlechten Track-Record der EZB eine dunkle Wolke.
Darüber hinaus gibt es Risiken: Von "einem Unfall, der wartet zu passieren", spricht der renommierte US-Ökonom Kenneth Rogoff mit Blick auf die Weltwirtschaft. Dann hätte der konjunkturzyklische Euro gegenüber dem als besonders sicher geltenden Schweizer Franken wieder einmal das Nachsehen.
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