Bei der Euro-Franken-Rate findet eine Richtungsänderung statt, und so fällt der Kurs auf 1,0440. Was vor einer Woche nach einem Anstieg auf 1,07 aussah, entpuppt sich als Plagiat. Der überinflationierten Eurozone steht mit tatkräftiger Unterstützung eines früheren SNB-Offiziellen eine unterinflationierte Schweiz gegenüber. Das war 2021 so, ist 2022 so und wird auch 2023 so bleiben.
"Der Druck auf den Euro nimmt wieder zu", kommentiert die St.Galler Kantonalbank. Als sicher empfundene Währungen wie der Schweizer Franken seien tendenziell gefragt, erläutert awp.
Für das Wiedererstarken des Schweizer Franken gibt es einen triftigen Grund: Die Europäische Zentralbank (EZB) ist inzwischen fast vollständig von ihrer vor knapp zwei Wochen angekündigten Zinswende wieder abgerückt. EZB-Chefin Christine Lagarde informierte gerade das Europäische Parlament in Straßburg.
"Jegliche Anpassung unserer Politik wird allmählich erfolgen."
Damit sind zwei Leitzinserhöhungen bis Ende 2022 wieder vom Tisch. Der Ausblick auf eine rasche Zinswende gipfelte am 11. Februar mit einem Eurokurs von 1,0610 Franken. Dieser Anstieg stellt sich nun als Übertreibung heraus. Die EZB kann die Zinsen nicht merklich anheben. Täte sie das, käme der hochverschuldete italienischen Staat unverzüglich ins Schlingern.
Es läuft darauf hinaus, dass Notenbanker und Politiker die Bevölkerung an hohe Inflationsraten gewöhnen. Der frühere Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Philipp Hildebrand, schreibt dazu in einem Gastartikel in der Financial Times: Zentralbanken müssten mit einer Inflation von über 2% leben.
Hildebrand hatte zuvor Lagarde öfters über den Klee gelobt. Er arbeitet für einen der größten Vermögensverwalter der Welt. Hawkishe Notenbanker, die mit Leitzinserhöhungen die Inflation unter 2% brächten, wären den aktienlastigen Geschäftsmodellen von Vermögensverwaltern nicht zuträglich.
Fazit und Ausblick
Die Eurozone hat sich in den letzten Jahren wesentlich leichter inflationieren lassen als die Schweiz. Aktuell steigen die Verbraucherpreise in den Euroländern mit einem Tempo von 5%. In der Schweiz sind es 1,5%. Beim EUR/CHF-Ausblick greift damit die alter Leier: Die Differenz von 3,5% rechtfertigt ein weiteres Absinken des Euro zum Schweizer Franken.