Die Hoffnung auf eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg und sinkende Rohstoffpreise haben der Talfahrt des Euro zum Schweizer Franken ein Ende gesetzt. Der Euro steigt drei Prozent auf 1,0270 CHF. Sind die (Währungs-) Risiken jetzt gänzlich vom Tisch? Kann man den sicheren Hafen Schweizer Franken einmotten?
"Der Euro hatte sich am Mittwoch deutlich von seinen herben Verlusten seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine erholen können", meldet awp. "Angesichts der nach wie vor sehr angespannten Stimmung an den Finanzmärkten erwarten wir weiter hohe Kursschwankungen", sagt die St.Galler Kantonalbank.
Untermauert wird die Stärkephase des Euro vom Devisenoptionsmarkt. Das so genannte Risk Reversal steht im Fokus. Hiebei handelt es sich um eine Kennzahl, recht viel Guidance gibt, als sie die das Sentiment institutioneller Anleger abbildet. Diese Kennzahl hat sich gestern merklich zu Gunsten des Euro verbessert.
Abschreiben kann man den Schweizer Franken aber noch nicht. Eine Situation wie Mitte 2020, als der Franken (nicht der Euro) als Risikowährung eingestuft wurde, liegt noch nicht vor.
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Oder anders ausgedrückt: Es sind weiterhin die Schweizer Exportunternehmen, die ihre Euro-Zahlungseingänge vor einem Absinken der Euro-Franken-Rate absichern. Unternehmen aus Euroländern wie Deutschland und Österreich, die in der Schweiz verkaufen, schützen sich (Hedgen) bisher nicht, als sie keine merkliche Abschwächung des Franken erwarten.
Die Angst, dass es sich beim Anstieg der Euro-Franken-Rate auf 1,0270 um eine Bärenmarkt-Rallye handelt, ist nicht zu unterschätzen. Dahinter steckt Folgendes:
- Als der Euro am 7. März 2022 mit 0,9970 Franken auf ein 7-Jahrestief absackte, haben Schnäppchenjäger und dem Euro wohlgesonnene Anleger (das sind jene, die Notenpressenpolitik der Europäischen Zentralbank verharmlosen) Euros gekauft.
- Sie überrumpelten die Käufer des Schweizer Franken (Euro Short Seller), die mit einem tieferen Absinken unter die Parität gerechnet hatten und entsprechend positioniert waren.
- Infolge lösten die Short Seller ihre Wetten auf. Sie mussten den Euro zurückkaufen. Zusammen mit den Schnäppchenjäger war der Markt leergefegt von Käufern des Schweizer Franken. Infolge kletterte der Euro auf 1,0270 Franken.
Entscheidend ist die Marke bei 1,03: Gelingt es dem Euro sich darüber festzusetzen, wäre die Gefahr eines erneuten Abrutschens auf die Parität gebannt. Die Wahrscheinlichkeit läge bei über 85%, dass mit 0,9970 das Jahrestief 2022 drin ist.
Umgekehrt gilt: Scheitert der Euro 1,03 Franken zu überwinden, wäre das am 10. Februar 2022 erreichte Hoch bei 1,0610 für 2022 mit hoher Wahrscheinlichkeit drin, nicht aber das Jahrestief.